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b) Auslegungskonflikte
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Anders als die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Gerichtsbarkeiten, die detailliert festgelegt wurde, ist die Auflösung von Auslegungskonflikten nicht in gleichem Maße gesetzlich normiert.[295]
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In Vorabentscheidungskonstellationen wird die umstrittene Rechtsnorm zunächst durch den vorlegenden Richter ausgelegt.[296] Jedoch beschränkt sich die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes nicht allein auf die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm in der Auslegung des vorlegenden Richters. Der Gerichtshof beansprucht auch die Kompetenz zu einer neuen, eigenen Auslegung mit dem Ziel, die Übereinstimmung der Norm mit der Verfassung zu erreichen,[297] wodurch dann der beanstandete Gesetzestext „erhalten“ werden kann.
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Eine solche Antwort des Verfassungsgerichtshofes auf eine Vorabentscheidungsfrage kann freilich zu Akzeptanzproblemen bei den vorlegenden Richtern führen. Diese Thematik bedürfte einer eingehenderen Darlegung, die den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde. Denn erforderlich ist insofern eine Unterscheidung dahingehend, wie sich der vorlegende Richter in den einzelnen Fallkonstellationen verhalten muss: bei der Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Norm durch den Gerichtshof, der Feststellung ihrer Verfassungsmäßigkeit, einer differenzierenden Tenorierung und einem Urteil mit doppeltem Tenor oder bei Vorliegen einer Gesetzeslücke. Für eine Vertiefung dieser Punkte sei der Leser auf andere Beiträge verwiesen.[298]
§ 96 Der belgische Verfassungsgerichtshof › III. Die Beziehung zu den anderen Gerichten › 2. Der Verfassungsgerichtshof, der Gerichtshof der Europäischen Union und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte