Читать книгу Essen und Ernährungsbildung in der KiTa - Kariane Höhn - Страница 26

Vom Saugen zum Essen

Оглавление

Schon pränatal kann der Fötus saugen und schlucken. Stillen bzw. Füttern mit einer Flasche sind daher sofort nach der Geburt möglich. Die Sensibilität des Mundes ist noch einige Monate nach der Geburt weiterentwickelt als die der Hand. In den ersten Lebensmonaten nimmt der Säugling ausschließlich flüssige Nahrung zu sich. Die Nahrungsaufnahme wird zunächst durch angeborene Reflexe bestimmt.

Bis zum dritten Monat funktioniert der Suchreflex: Wird die Wange des Säuglings berührt (z. B. von der mütterlichen Brustwarze), wendet er seinen Kopf in die Richtung mit entsprechender Saugbewegung des Mundes. Später kann der Säugling die Nahrungsquelle (Mutterbrust bzw. Flasche) auch anders wahrnehmen und suchen (riechen, sehen; Elsner & Pauen, 2018, S. 170 ff.; vgl. Krist et al., 2018).

Der Saugreflex bedeutet, dass der Säugling die Nahrungsquelle bei Berührung mit dem Mund aufnimmt, daran saugt und mithilfe des Schluckreflexes schluckt, weshalb sein Name in dieser Phase auch Säugling ist. Der Säugling erforscht gerne alles mit dem Mund (»mundeln«), zunächst saugend und lutschend.

Der Zungenstreck- und Zungenstoßreflex dient dazu, dass er zunächst unbekannte Stoffe ausspuckt, indem er die Zunge herausstreckt bzw. diese Stoffe mit der Zunge aus dem Mund schiebt. Dieser Reflex öffnet gleichzeitig den Mund für die Mutterbrust.

Im Übergang zur Beikost behindern diese Reflexe zunächst das Füttern. Um die neue Nahrung schlucken zu können, muss der angeborene Zungenstreck- und Zungenstoßreflex durch neue motorische (Re-)Aktionen ersetzt werden. Beim Füttern der Breinahrung mit dem Löffel schiebt die Zunge dazu das Mus in die hintere Mundhöhle. Durch die Berührung der Nahrung mit dem weichen Gaumen wird der Schluckreflex ausgelöst, und die Nahrung wird abgeschluckt (reflektorisches Abschlucken). Für ein Füttern mit dem Löffel müssen so neue Mund- und Zungenbewegungen gelernt werden, damit das Kind die Nahrung nicht mehr ausspuckt und sie im Mund so bewegt, dass der Schluckreflex ausgelöst wird (Elsner & Pauen, 2018; Gutknecht, 2015a; Gutknecht & Höhn, 2017; Krombholz, 1999). Mit der Zeit wird so der Zungenstreckreflex überlagert.

Die Fähigkeit und die Bereitschaft, Kost vom Löffel oder mit der Hand zu essen, entwickeln sich bei den Säuglingen sehr unterschiedlich. Bei den meisten Kindern ist diese Fähigkeit zwischen dem fünften und siebten Lebensmonat ausgebildet und damit die Möglichkeit gegeben, mit Beikost zu beginnen ( Kap. 5.4). Solange das Kind die Speise wieder aus dem Mund schiebt (z. B. aufgrund des noch wirksamen Zungenstreckreflexes) oder durch andere Signale zu erkennen gibt, dass es so keine Speise aufnimmt, ist es meist noch nicht bereit, d. h. ausreichend entwickelt, um sich mit dem Löffel füttern zu lassen. Erst wenn der Zungenstreckreflex überwunden ist, kann mit dem Füttern der Beikost vom Löffel begonnen werden.28

Auch für das Trinken aus dem Becher muss der angeborene Reflex überwunden werden (Elsner & Pauen, 2018; Gutknecht, 2015a; Gutknecht & Höhn, 2017). Die motorische Entwicklung vom Saugen zum (in den Mund) Aufnehmen, Kauen und Schlucken von Nahrung erfordert also neue, ungewohnte motorische Fähigkeiten und die physischen Voraussetzungen dazu. Daher ist verständlich, dass es mehrere Wochen dauern kann, bis das Füttern so gelingt, dass die aufgenommene Menge die Trinkmahlzeit zumindest teilweise ersetzen kann.

Essen und Ernährungsbildung in der KiTa

Подняться наверх