Читать книгу Außensteuergesetz Doppelbesteuerungsabkommen - Katharina Becker - Страница 52
1. Begriff der Geschäftsbeziehung
Оглавление94
Die neue Definition, was unter einer Geschäftsbeziehung zu verstehen ist, befindet sich in § 1 Abs 4. Das Gesetz nennt nun zwei Tatbestandsvarianten bei deren Vorliegen eine Geschäftsbeziehung vorliegt: Nach § 1 Abs 4 Nr 1 „sind Geschäftsbeziehungen iSd Vorschrift einzelne oder mehrere wirtschaftliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle) zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahe stehenden Person, (lit a) die Teil einer Tätigkeit sind, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des EStG anzuwenden sind oder anzuwenden wären, wenn sich der Geschäftsvorfall im Inland unter Beteiligung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen und einer inländischen nahesteheden Person ereignet hätte und (lit b) denen keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung zugrunde liegt; eine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist eine Vereinbarung, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt.“ Nach § 1 Abs 4 Nr 2. Seinen jetzigen Wortlaut bekam § 1 Abs 4 durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v 22.12.2014.[153] Der Gesetzgeber[154] möchte mit der Anpassung klarstellen, dass Leistungsbeziehungen auf der Gesellschaftsebene vom Anwendungsbereich der Korrekturvorschrift ausgenommen sind.
95
Zuvor war der Begriff der Geschäftsbeziehung durch das JStG 2013[155] in Teilen neu definiert worden. Eine gesetzliche Änderung der Definition war insbesondere durch die Implementierung des AOA im Gesetz erforderlich, um auch Sachverhalte unter Beteiligung einer Betriebsstätte iSv § 1 Abs 5 erfassen zu können.[156] Zugleich wurde die Definition in Abs 5 wieder in Abs. 4 des § 1 geregelt, so wie es vor Änderung durch das UntStRefG 2008[157]der Fall war.
96
In S 1 wurde der Begriff „schuldrechtliche Beziehung“ durch den Begriff „wirtschaftliche Vorgänge“ ersetzt, weil in den Fällen des neugefassten § 1 Abs 5 (Verhältnis zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte) schuldrechtliche Beziehungen nicht möglich sind. Das entspricht den Vorstellungen des Gesetzgebers[158] auch in diesen Fällen wirtschaftliche Vorgänge festzustellen, die ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter voneinander unabhängiger Unternehmen (Fremdvergleich) schon aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit als schuldrechtliche Beziehung ausgestaltet hätten. Dabei soll der Begriff „wirtschaftlicher Vorgang“ alle rechtlichen Beziehungen und tatsächlichen Handlungen umfasse.
97
Mit der neuen Definition der Geschäftsbeziehung reagierte der Gesetzgeber auf die internationalen Entwicklungen auf Ebene der OECD, nach denen für steuerliche Zwecke Insich-Geschäfte (sog dealings) zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte für die Gewinnsabgrenzung bzw für die Aufteilung des Besteuerungssubstrat zwischen den beteiligten Staaten anzunehmen sind.[159] In § 1 Abs 4 Nr 2 hat der Gesetzgeber zudem die Basis dafür geschaffen, die wirtschaftlichen Vorgänge des Insich-Geschäfts einer Fremdvergleichskontrolle nach § 1 Abs 1 und 5 zu unterziehen.
98
Den bisherigen Wortlaut erhielt § 1 Abs 5 durch das StVergAbG v 16.5.2003.[160] Vormals war die Definition in § 1 Abs 4 geregelt. Durch das UntStRefG 2008[161] wurde Abs 4 zu Abs 5; weitere Änderungen wurden nicht vorgenommen. Trotz einer gesetzlichen Definition war und ist nicht vollständig geklärt, was unter einer Geschäftsbeziehung zu verstehen ist.
99
Bevor der Gesetzgeber durch das StÄndG 1992[162] im damaligen Abs 4 der Vorschrift eine gesetzliche Regelung der Geschäftsbeziehung einfügte, standen sich im Wesentlichen die Auffassung der FinVerw und des BFH gegenüber. Während das BMF[163] alle grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen und damit eine weite Anwendung der Vorschrift favorisierte, entschied der BFH in seinem Urt v 30.5.1990,[164] dass allein eine wesentliche Beteiligung, die zum Nahestehen einer Person iSv § 1 Abs 2 führt, keine Geschäftsbeziehung begründet. Dieses Erg leitet der BFH aus der Tatsache ab, dass § 1 neben einer nahe stehenden Person das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung zu dieser verlangt. Der BFH legte den Begr Geschäftsbeziehung damit enger aus als die FinVerw.
100
§ 1 Abs 4 idF des StÄndG 1992[165] lautete: „Wenn die den Einkünften zu Grunde liegende Beziehung entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahe stehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 14, 18 oder 21 anzuwenden sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.“
101
Eine Geschäftsbeziehung iSv § 1 Abs 4 aF konnte danach nur vorliegen, wenn die Beziehung eine schuldrechtliche Grundlage hatte.[166] Der Änderung des damaligen § 1 Abs 4 durch das StVergAbG v 16.5.2003[167] war ein weiteres Urteil des BFH vorausgegangen. Der BFH[168] entschied in seinem Urt v 29.11.2000, dass die Abgabe einer Garantieerklärung einer (inländischen) Konzernobergesellschaft zugunsten ihrer (ausl) Tochtergesellschaft nur dann die Rechtsfolge des § 1 auslösen kann, wenn die Erklärung im Rahmen einer Geschäftsbeziehung zwischen den beiden Unternehmen abgegeben wird. Keine Geschäftsbeziehung liegt deshalb vor, wenn die begünstigte (ausl) Gesellschaft mangels ausreichender Eigenkapitalausstattung ohne die Garantieerklärung ihre konzerninterne Funktion nicht erfüllen kann. Im Erg unterscheidet der BFH Geschäftsbeziehungen, die zur Anwendung von § 1 Abs 1 führen und Leistungen, die durch das Gesellschaftsverhältnis oder in diesem begründet sind und nicht zur Anwendung von § 1 führen. Das BMF veröffentliche die Entsch zwar zunächst im BStBl, belegte sie später aber mit einem Nichtanwendungserlass.[169]
102
Mit der Änderung des § 1 Abs 4 durch das StVergAbG[170] v 16.5.2003 wollte der Gesetzgeber entgegen der Auffassung des BFH klarstellen, dass eine Geschäftsbeziehung iSd Vorschrift immer dann anzunehmen ist, wenn es sich um eine auf schuldrechtlichen Vereinbarungen beruhende Beziehung handelt. Der Gesetzgeber[171] begründete die Änderung in § 1 Abs 4 wie folgt: „Für das Bestehen einer Geschäftsbeziehung hat es keine Bedeutung, ob sie betrieblich oder gesellschaftsvertraglich veranlasst ist, ob und inwieweit ihr also betriebliche oder gesellschaftliche Interessen zugrunde liegen. Deshalb gehören zB verbindliche Kreditgarantien, zinslose oder zinsgünstige Darlehen sowie die unentgeltliche oder teilentgeltliche Gewährung anderer Leistungen einer inländischen Kapitalgesellschaft an ihre inländische oder ausl Tochtergesellschaft zu den „Geschäftsbeziehungen“ unabhängig davon, ob sie fehlendes Eigenkapital der Tochtergesellschaft ersetzen oder die wirtschaftliche Betätigung dieser Gesellschaft stärken sollen.“ Demgegenüber vertreten das FG Düsseldorf[172] und das FG Münster[173] die Auffassung, die Gesetzesänderung beinhalte keineswegs eine bloße Klarstellung, denn aus der Änderung der Formulierung im Vergleich zu der vorausgegangenen Fassung werde ersichtlich, dass vorher eine entspr Differenzierung zwischen schuldrechtlicher und gesellschaftsvertraglicher Vereinbarung nicht getroffen wurde.
103
Die Begr des Gesetzgebers hat das BMF in seinem Schreiben v 14.5.2004[174] umgesetzt. Danach sind Beziehungen zwischen Nahestehenden stets geschäftlich, wenn auf die zugrunde liegenden Tätigkeiten bei dem inländischen StPfl oder bei der nahe stehenden Person die in § 1 Abs 4 aF genannten Bestimmungen über die Besteuerung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung anzuwenden sind (Grundtätigkeiten). Eine Geschäftsbeziehung zwischen einem StPfl und einem Nahestehenden ist gegeben, wenn sie auf einer schuldrechtlichen Beziehung beruht. Eine solche Geschäftsbeziehung ist stets nach dem Grundsatz des Fremdverhaltens zu prüfen, unabhängig davon, ob sie durch betriebliche Vorgänge oder gesellschaftsrechtlich veranlasst ist.[175] Das gilt auch dann, wenn die schuldrechtliche Vereinbarung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurde. Keine Geschäftsbeziehung sind die Beziehungen, die das Nahestehen begründen, dh die das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter regeln, namentlich die Überlassung von Eigenkapital, denn sie erfolgt nicht aufgrund einer schuldrechtlichen, sondern einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung.
104
Der Inhalt der Definition in § 1 Abs 5 war unverständlich.[176] Der Gesetzgeber setzte in der Definition das Vorliegen einer Geschäftsbeziehung voraus, lässt dabei aber im Dunkeln, was unter einer Geschäftsbeziehung zu verstehen ist. Der Versuch, den Begr der Geschäftsbeziehung mit einer den Einkünften zugrunde liegenden schuldrechtlichen Beziehung zu erläutern, war ein Zirkelschluss, weil die (Geschäfts)Beziehung mit einer Beziehung erläutert wird.
105
Der Austausch des Begriffs „schuldrechtliche Beziehung“ durch den Begriff „wirtschaftliche Vorgänge“ bewirkt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs. Dabei sind von der neuen Begrifflichkeit die schuldrechtlichen Beziehungen selbstverständlich mit umfasst. Kramer[177] interpretiert den neuen Wortlaut so: „Wenn auch die Gleichstellung einer Geschäftsbeziehung – also eines Dauerzustands – mit einem Geschäftsvorfall – also einem einzelnen Ereignis – sprachlich nicht recht überzeugen kann, so wird doch deutlich, was gemeint ist: Geschäftsbeziehungen werden durch Geschäftsvorfälle begründet, und diese Geschäftsvorfälle sind regelmäßig schuldrechtliche Vereinbarungen.“ Damit sind die Ausführungen in den Rn 102 ff weiterhin anwendbar, soweit dem Geschäftsvorfall eine schuldrechtliche Beziehung zu Grunde liegt. Die Vorstellung des Gesetzgebers, die Regelung in § 1 zudem auch im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zur Anwendung zu bringen, erfolgt mit der Verwendung des Ausdrucks „wirtschaftliche Vorgänge“, die sich auch in tatsächlichen Handlungen wieder finden sollen. Aus Rechtsgründen können zwischen einer Betriebsstätte mangels Rechtsfähigkeit und dem Unternehmen keine wirksamen schuldrechtlichen Vereinbarungen eingegangen werden (Insich-Geschäft). Diese Vorgänge zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte werden als „anzunehmende schuldrechtliche Beziehung“ definiert; die OECD bezeichnet derartige Vorgänge als dealings.
106
Der Gesetzgeber macht mit der Regelung in S 1 des § 1 Abs 4 deutlich, dass eine Geschäftsbeziehung sowohl aus einem Geschäftsvorfall als auch aus mehreren wirtschaftlich zusammenhängenden Geschäftsvorfällen zwischen dem Steuerpflichtigen und der nahestehenden Person bestehen kann. Unabhängig davon, dass Verrechnungspreise grundsätzlich auf einen Geschäftsvorfall bezogen zu prüfen sind, kann es nach dem Fremdvergleichsgrundsatz notwendig sein, den Preis für einen Geschäftsvorfall unter Einbeziehung anderer Geschäftsvorfälle zu bestimmen (zB unter Einbeziehung von Geschäftsvorfällen aus anderen Wirtschaftsjahren), wenn voneinander unabhängige ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter unter vergleichbaren Umständen ebenso verfahren würden.
107
Bei der Neufassung von § 1 Abs 4 Nr 1, nach der eine Geschäftsbeziehung auch aus mehreren zusammenhängenden wirtschaftlichen Vorgängen gebildet werden kann, handelt es sich nur um eine Klarstellung. Bereits nach bestehender Rechtslage konnte es erforderlich sein, den Verrechnungspreis für einen Geschäftsvorfall unter Berücksichtigung weiterer schuldrechtliche Beziehungen zu ermitteln. Das lässt sich schon § 2 Abs 3 Gewinnsabgrenzungsaufzeichnungsverordnung entnehmen.
108
Des Weiteren musste die Beziehung schuldrechtlicher Art sein und durfte keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung sein. Das formulierte das Gesetz schon immer insoweit unglücklich als das Gesellschaftsrecht im 2. Buch des BGB geregelt ist und damit auch zum Schuldrecht gehört.[178] Die unglückliche Formulierung setzte sich im alten Wortlaut des Gesetzes in der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung fort; ein Vertrag ist stets eine Vereinbarung und damit handelt es sich um eine verwirrende Redundanz.
109
Isoliert auf den Wortlaut abgestellt, scheint diese Redundanz aufgehoben, denn nunmehr werden wirtschaftliche Vorgänge verlangt. Das ist aber zu kurz gesprungen: Die Verwendung des Begriffs „wirtschaftliche Vorgänge“ soll nur eine Ausdehnung der Korrekturmöglichkeit zwischen Stammhaus und Betriebsstätte bewirken, ohne freilich schuldrechtliche Beziehungen auszusparen. Mithin ist die Abgrenzung der schuldrechtlichen Vereinbarung von der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung nach wie vor virulent.
110
Nach Haverkamp/Binding[179] ergibt die Auslegung nach dem Wortlaut des neuen Gesetzestexzes in § 1 Abs 4 S 1 Nr 1 Buchstabe b, dass keine Interpretation mehr möglich ist. Unzweifelhaft wolle der Gesetzgeber mit der Neuregelung solche Vereinbarungen ausschließen, die die Gesellschafterstellung begründen oder ändern. Anders ausgedrückt sind damit von der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung gesellschaftsrechtliche Regelungen mit kooperationsrechtlichen Charakter zu verstehen. Nicht jede gesellschaftsrechtliche Regelung erfüllte diese Voraussetzung, sondern nur die Regelungen, die die Organisationsstruktur der Gesellschaft betreffen. Das bedeutet nur weil eine Regelung kraft der Privatautonomie in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wird, muss sie nicht gleichzeitig eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung iSv § 1 Abs 4 sein.
111
Auch aus dem Teleos der Norm ergibt sich keine andere Interpretation. Mit dem Tatbestandsmerkmal „gesellschaftsrechtliche Vereinbarung“ wird eine Abgrenzung zwischen den wirtschaftlichen Vorgängen zwischen nahestehenden Personen und der notwendiger Weise zeitlich davor liegenden Begründung des Nahestehens der beteiligten Personen geschaffen. In der Begründung des Nahestehens liegt für sich betrachtet kein Vorteil, der eine Korrektur rechtfertigen könnte. Vielmehr wird mit dem Nahestehen nur eine Voraussetzung für die Einkünftekorrektur aufgrund unzutreffender Verrechnungspreise gelegt.
112
Dieses Verständnis von der gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung scheint konsequent, beinhaltet aber auch Gestaltungspotenzial. Werden von § 1 diejenigen Vorgänge nicht erfasst, die originär das gesellschaftsrechtliche Verhältnis betreffen, können auch mittels dieser Vorgänge die Wirkungen des § 1 eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden. Denkbar sind zB Kapitalaufbringungen oder -erhöhungen im Wege der Sacheinlage, soweit das ausländische Gesellschaftsrecht dieses Instrument zulässt. Im Wege der Sacheinlage könnte dann der Gesellschaft auch eine Funktion übereignet werden, ohne dass die Regelungen über die Funktionsverlagerung § 1 Abs 3 S 9 ff zur Anwendung kommen könnten, denn dann liegt eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung vor, die einen wirtschaftlichen Vorgang iSv § 1 Abs. 4 und damit die Anwendung der Einkünftekorrektur in § 1 Abs 1 S 1 ausschließt.
113
Nach Auffassung des BMF[180] sind – jedenfalls bei Darlehensgewährungen eines beherrschenden Gesellschafters – auch die Sicherheiten für das Grundgeschäft von der Geschäftsbeziehung in Form eines wirtschaftlichen Vorgangs erfasst. Dafür führt das BMF an, bei grenzüberschreitenden Darlehensgewährungen gehörten zu dem Bedingungen, die dem Fremdvergleich entsprechen müssten, nicht nur der vereinbarte Zinssatz (Verrechnungspreis), sondern alle Umstände der Darlehensgewährung, die auch für fremde Dritte von Bedeutung wären.[181] Dazu gehörte nach Tz 4.2.2 des BMF-Schreibens v 23.2.1983[182] auch Sicherheiten und Kreditwürdigkeit des Schuldners (unter Berücksichtigung von Sonderkonditionen, die auch Fremde dem Schuldner im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zum Konzern einräumen würden). Damit zielt das BMF auf den Einbezug des sog Rückhalts im Konzern und erhebt diesen zu einer fremdüblichen Sicherheit.[183] Unter dem Rückhalt im Konzern versteht man alle Vorteile im Konzern, die sich allein aus der Zugehörigkeit zum Unternehmensverbund ergeben, bei völliger Passivität der Konzernleitung. Der Rückhalt im Konzern als faktische, fremdübliche Sicherheit soll bei der Darlehensgewährung eines beherrschenden Gesellschafters immer dann zum Tragen kommen, wenn keine tatsächliche Sicherheit gestellt und dem Fehlen einer tatsächlichen Sicherheit auch nicht durch einen angemessenen Risikozuschlag Rechnung getragen wurde. Das soll selbst dann gelten, wenn bereits im Zeitpunkt der Darlehenshingabe aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Darlehensnehmers offensichtlich ist, dass mit der Zuwendung des Geldbetrags trotz der vertraglichen Bezeichnung und des buchmäßigen Ausweises als „Darlehen“ tatsächlich keine Rückzahlungsverpflichtung verbunden ist, dh ist die Rückzahlung durch den Darlehensnehmer von vornherein objektiv unmöglich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen, ändert das nichts daran, dass eine „Geschäftsbeziehung“ nach § 1 Abs 5 vorliegt, auf die der Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden ist, auch wenn die Rechtsfolgen anderer Vorschriften Vorrang genießen.[184]
114
Nach bisherigem Verständnis wird der Rückhalt im Konzern gemeinhin mit sog „passiven Konzerneffekten“ gleichgesetzt, die sich in den Vorteilen bei völliger Passivität der Konzernleitung widerspiegeln und allein aus der Konzernzugehörigkeit in Gestalt der rechtlichen, finanziellen und wirtschaftlichen Eingliederung in den Unternehmensverbund ergeben.[185] Aus der Passivität der Vorteile folgt aber nun gerade, dass eine Geschäftsbeziehung, die regelmäßig ein (subjektives) Tätigwerden verlangt, nicht vorliegen kann. Der Rückhalt im Konzern entbehrt eines Leistungsaustausches und mithin mangelt es an einer Erfass- und Quantifizierbarkeit des Konzernrückhalts.[186]
115
Später ist das BMF-Schreiben vom 29.3.2011[187] zu der Anwendbarkeit von § 1 AStG auf darlehensbezogene Teilwertabschreibungen ergangen. Aus Sicht der Finanzverwaltung ist es nur allzu verständlich, jedwedes Mittel heranzuziehen, um die Werthaltigkeit einer Darlehensforderung für steuerrechtliche Zwecke annehmen zu können. Insoweit ist eine (wirtschaftliche) Verklammerung der Sicherheit „Rückhalt im Konzern“ mit der schuldrechtlichen Darlehensbeziehung ein probates Mittel, das im Ergebnis zu dem Vorliegen einer Geschäftsbeziehung iSv § 1 Abs 5 aF führt. Mit einer derartigen Verklammerung zweier an sich getrennten und abstrakten Geschäfte vertritt das BMF mithin eine paradoxe Auffassung. Bei Darlehensgewährungen unter Vereinbarung einer tatsächlichen Sicherheit und bei einer Darlehensgewährung ohne Vereinbarung einer Sicherheit und Kompensation mit Hilfe eines angemessenen Risikozuschlags auf den Zinssatz trennt das BMF nämlich strikt zwischen Sicherungsverhältnis einerseits und Darlehensverhältnis andererseits.[188] Zudem ist die wegen nachhaltiger Wertminderung angezeigte Teilwertabschreibung einer Darlehensforderung eine allein unter Anwendung von § 6 Abs 1 Nr 2 EStG zu entscheidende Frage, die sich mehr nach der wirtschaftlichen Situation des Darlehennehmers richtet und weniger auf den Bedingungen der Darlehensvereinbarung beruht.[189]
116
Die aus der schuldrechtlichen Beziehung (wirtschaftlichen Tätigkeit) erzielten Einkünfte müssen Teil einer Tätigkeit sein, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG Anwendung finden. Dadurch wird einerseits klargestellt, dass der Anwendungsbereich des § 1 auf bestimmte Einkunftsarten beschränkt ist.[190] Andererseits stellt das Gesetz auf den StPfl oder die nahe stehende Person ab. Es genügt, dass bei einer dieser Personen die Geschäftstätigkeit Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anwendbar sind oder wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen worden wäre. Dadurch erweitert § 1 Abs 5 dies auf Fälle, in denen die Beziehung beim StPfl keinen derartigen Bezug aufweist, sondern Teil einer anderen Betätigung (eine solche iSv §§ 19, 20 oder 22 EStG) ist oder in denen ein Bezug auf eine Einkünfteerzielung durch den StPfl zunächst fehlt (weil dieser durch die Gestaltung auf den Bezug von Einkünften gerade verzichtet).[191]