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VII. Rechtsschutzinteresse

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Wie jedes gerichtliche Verfahren darf auch das Insolvenzverfahren nur in Anspruch genommen werden, wenn der Gläubiger sein rechtliches oder wirtschaftliches Ziel nicht auf einfachere Weise ebenso erreichen kann, das Insolvenzverfahren also nicht zweckwidrig instrumentalisiert wird[72]. Sind die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben, ist das Rechtsschutzinteresse jedoch indiziert und darf lediglich geprüft werden, falls besondere Umstände bekannt werden, die ernstliche Zweifel an einem schutzwürdigen Anliegen des Antrag stellenden Gläubigers aufkommen lassen[73].

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Typischer Beispielsfall ist der Druckantrag, der nicht mit dem Ziel der Verfahrenseröffnung, sondern vor allem deswegen gestellt wird, um den Schuldner zu Zahlungen zu bewegen[74]; davon kann man ausgehen, wenn der Antragsteller beispielsweise trotz Erfüllung der Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO (s Rn 82) den Antrag für erledigt erklärt. Rechtsmissbräuchlich ist es aber auch, wenn ein Gläubiger den Antrag stellt, um die Vermögensverhältnisse des Schuldners ausforschen zu lassen, in die er dann außerhalb des Verfahrens vollstrecken kann[75]. Da das Insolvenzverfahren nicht subsidiär ist, müssen Gläubiger aber keinesfalls vorher ihre Befriedigung in der Einzelvollstreckung suchen, lediglich die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes ist dann schwieriger. Ist die Krise bereits so weit fortgeschritten, dass ein Eröffnungsgrund gegeben ist, sind weitere Verzögerungen nicht zuzumuten. Zudem müssten Gläubiger in dieser Situation befürchten, dass sie das im Wege der Zwangsvollstreckung Erlangte ohnehin nicht behalten dürfen, vgl §§ 88, 130 f InsO.

Strengere Maßstäbe gelten für staatliche Hoheitsträger als Antragsteller, die bei ihrem Handeln dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterworfen sind. Dieser lässt es geboten erscheinen, aufgrund der einschneidenden Auswirkungen des Insolvenzverfahrens Zurückhaltung zu üben und vorrangig die Durchführung der Einzelzwangsvollstreckung zu versuchen[76]. Da die Praxis zeigt, dass die Insolvenzanträge der Hoheitsträger nicht selten missbräuchlich als Druckanträge gestellt werden, sind diese mit besonders großer Sorgfalt zu prüfen[77]. Unzulässig ist es jedenfalls, wenn der Sozialversicherungsträger den Antrag nur stellt, um sich die Beitreibung der Beitragszahlungen zu sparen und diese künftig über das von der Agentur für Arbeit auszuzahlende Insolvenzgeld zu erhalten[78]. Allgemein ist ein Rechtsschutzinteresse bei Sozialversicherungsträgern aber in der Regel anzunehmen, solange der Schuldner weiterhin Arbeitnehmer beschäftigt, weil dann regelmäßig Beitragsforderungen entstehen[79].

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Ist ein Gläubiger so gut abgesichert, dass ihm bei Verwertung seiner Sicherheit infolge seines Absonderungsrechts (§§ 49 ff InsO; vgl Rn 432) kein Ausfall (§ 52 S. 2 InsO) droht, ist das Insolvenzverfahren als Missbrauch anzusehen und der Insolvenzantrag damit unzulässig[80]. Das Verfahren bringt ihm keine Vorteile, sondern er kann aufgrund der Verwertungsherrschaft des Insolvenzverwalters (§ 166 InsO) und der dafür anfallenden Kostenbeiträge (§ 171 InsO) sogar finanzielle Nachteile erleiden. Umgekehrt steht aber der Umstand, dass ein Gläubiger nur nachrangige Forderungen im Sinne des § 39 InsO hat, der Zulässigkeit ebenso wenig entgegen wie die fehlende Aussicht auf Erzielung einer nennenswerten Quote[81]. Ebenso wenig spielt die Anzahl oder die Höhe der Forderung eine Rolle, denn zum einen kennt die InsO keine Mindesthöhe und zum anderen indiziert die Nichtzahlung einer nicht nennenswerten oder gar der einzigen Forderung geradezu die Zahlungsunfähigkeit[82].

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Nach erfolgter Abweisung des Antrags mangels Masse (§ 26 InsO) ist ein neuer Antrag nur zulässig, wenn ein ausreichender Kostenvorschuss (bei Unternehmen zwischen € 5000 und € 10 000) eingezahlt oder glaubhaft gemacht wird, dass inzwischen ausreichendes Schuldnervermögen vorhanden ist[83]. Läuft bereits ein Insolvenzverfahren oder befindet sich der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode[84], besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für weitere Gläubigeranträge, da die Gläubiger ihre Rechtsstellung nicht mehr verbessern können[85] (siehe aber Rn 63); dies gilt auch bei erfolgter Eröffnung nach Schuldnerantrag, denn ab diesem Zeitpunkt ist eine Antragsrücknahme ausgeschlossen, § 14 Abs. 2 InsO. Hat der Schuldner nach Versagung der Restschuldbefreiung in einem früheren Verfahren (außer in den Fällen des § 287a Abs. 2 InsO) keine neuen Verbindlichkeiten begründet, ist ein erneuter Insolvenzantrag unzulässig, weil es dem Schuldner nur um die Wiederholung des gescheiterten Verfahrens geht[86]; siehe im Übrigen Rn 790.

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