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b) Information des Mandanten
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Erste Schwierigkeiten ergeben sich bereits bei der Information des Mandanten. Sachgerechte Strafverteidigung setzt voraus, dass der Beschuldigte weiß, worauf sich der gegen ihn erhobene Vorwurf stützt. Nur dann kann der Mandant eine freie, seinen Interessen dienende Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen. Der Verteidiger ist deshalb in der Regel nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, dem Beschuldigten zu Verteidigungszwecken mitzuteilen, was er aus den Akten erfahren hat.[171] Im gleichen Umfang, wie er ihm den Akteninhalt mitteilen darf, ist er prozessual auch berechtigt, dem Beschuldigten Aktenauszüge und Abschriften aus den Akten auszuhändigen.[172] Die Überlassung von Aktenteilen wie auch die mündliche Information hierüber soll dem Verteidiger jedoch dann verwehrt sein, wenn die Weitergabe der Information den Untersuchungserfolg gefährden könnte (insbesondere bei in den Akten enthaltenen Hinweisen auf eine bevorstehende Verhaftung oder Durchsuchung).[173]
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Dem ist mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten.[174] Denn damit verlangt der Bundesgerichtshof vom Verteidiger, seinen Mandanten sehenden Auges dem Staatsanwalt „ans Messer zu liefern“,[175] um ihm später zu offenbaren, dass er von der Verhaftung oder Durchsuchung bereits zuvor informiert war, sie jedoch nicht durch Preisgabe seines Wissens an den Mandanten gefährden durfte. Kein nur halbwegs vernünftiger Mandant wird sich weiterhin von diesem Verteidiger vertreten lassen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Verteidiger und Mandant ist eine grundlegende Voraussetzung für die Erfüllung des Verteidigerauftrags.[176] Zu Recht weist der Bundesgerichtshof in der genannten Entscheidung darauf hin, dass der Verteidigungsauftrag es erfordert und rechtfertigt, dass der Verteidiger den Beschuldigten ausreichend über den Akteninhalt informiert, „auch wenn das mit einem gewissen Risiko für die Ermittlung der Wahrheit … verbunden ist“. Wenn der Verteidiger durch die Akteneinsicht oder auf sonstige Weise davon erfährt, dass gegen seinen Mandanten ein auf Fluchtgefahr gestützter Haftbefehl existiert, dann muss er ihn bereits deshalb hierüber informieren, um ihm Gelegenheit zu geben, die Fluchtgefahr durch freiwillige Gestellung auszuräumen. Alles andere würde seinem Verteidigerauftrag nicht gerecht werden. Sieht die Staatsanwaltschaft im Falle der Gewährung umfassender Akteneinsicht den Ermittlungserfolg gefährdet, so kann sie die Akteneinsicht entsprechend beschränken. Schließlich wurde die Vorschrift des § 147 Abs. 2 StPO überhaupt nur deshalb in das Gesetz aufgenommen, weil es als selbstverständlich angesehen wurde, dass der Verteidiger seinen Mandanten über den ihm zur Verfügung gestellten Akteninhalt informieren wird.[177] Es kann und darf nicht Aufgabe des Verteidigers sein, mögliche Fehler des Staatsanwalts im Rahmen seiner Entscheidung, welche Aktenteile er beim derzeitigen Ermittlungsstand der Verteidigung ohne eine Gefährdung des Ermittlungserfolgs eröffnen kann, zum Nachteil seines Mandanten zu korrigieren.
Der Verteidiger überschreitet jedenfalls dann die Grenze zum strafbaren Verhalten, wenn und soweit er die Informationen in prozessual unzulässiger Weise, z.B. durch Täuschung der Ermittlungsbehörden erlangt.[178]
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Die vollständige Information des Mandanten über den Akteninhalt ist daher nicht nur zulässig, sondern der Verteidiger wird hierzu i.d.R. auch verpflichtet sein. Eine Ausnahme mag allenfalls dann bestehen, wenn der Verteidiger positiv weiß, dass der Beschuldigte den Akteninhalt zum Anlass nehmen wird, die daraus gewonnenen Erkenntnisse zur Begehung von Straftaten oder Verdunkelungshandlungen zu missbrauchen, denn: zu einer aktiven Teilnahme hieran kann der Verteidiger nicht verpflichtet sein und darf sich hierzu auch nicht bewegen lassen.