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a) Parteienbegriff

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Die Vorschrift des § 356 StGB als „Hausdelikt der Anwaltschaft“,[214] das von seinem Wortlaut nach eigentlich auf den Zivilprozess zugeschnitten zu sein scheint,[215] hat durch eine Ausweitung des Parteienbegriffs im Strafprozess durch die Rechtsprechung in den 80er Jahren seitdem auch besondere Bedeutung für die Tätigkeit des Strafverteidigers erlangt.[216]

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Ging die Rechtsprechung bis dahin noch davon aus, dass Teilnehmer derselben Straftat keine Parteien im Sinne des § 356 StGB sein könnten,[217] so hat sich der Bundesgerichtshof erstmals mit Urteil des 1. Strafsenats vom 13.7.1982 mit diesem Gedanken beschäftigt.[218] In der Folgezeit haben die Oberlandesgerichte Nebentäter[219] und Mitbeschuldigte derselben Straftat[220] als Parteien i.S.v. § 356 StGB angesehen und auch im Falle sukzessiver Verteidigung von Mitbeschuldigten die Begehung eines Parteiverrat im Einzelfall als möglich erachtet.[221] Nunmehr wurde auch der der Tat verdächtige Zeuge als Partei angesehen, welcher der Verteidiger pflichtwidrig dienen könne.[222] Verfahrensbeteiligte in einem Strafprozess seien immer dann „Parteien“ i.S.v. § 356 StGB, wenn sie sich „mit entgegen gesetzten rechtlichen Interessen gegenüberstehen“. Bei Mitbeschuldigten gelte dies immer dann, wenn das Gewicht der unterschiedlichen Beteiligung in Rede stehe, bei Nebentätern, soweit die Verantwortlichkeit des einen Beschuldigten die des anderen begrenze oder ausschließe.[223]Der Bundesgerichtshof ist dieser Rechtsprechung der Oberlandesgerichte unter Aufgabe seiner bisherigen Auffassung ausdrücklich gefolgt und hat den Parteienbegriff nunmehr auf jedwede Tatbeteiligte und Mitbeschuldigte eines Strafverfahrens ausgeweitet.[224]

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Unabhängig von dieser Ausweitung, die der Parteienbegriff zwischenzeitlich erfahren hat, war seit jeher unbestritten, dass sich in einem Strafprozess Beschuldigter und Opfer bzw. Geschädigter einer Straftat als „Parteien“ im Sinne des § 356 StGB kontradiktorisch gegenüberstehen.[225] Die Institute der Privat- und Nebenklage belegen dies. Die Parteistellung von Beschuldigtem und Geschädigten einer Straftat entspricht auch der zivilrechtlichen Sichtweise und leuchtet daher ohne Weiteres ein. Ebenso eindeutig können Staatsanwaltschaft und Gericht keine Partei im Sinne der Vorschrift sein.[226]

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Die Parteistellung des der Tat verdächtigen oder durch sie geschädigten Zeugen in Bezug auf den Beschuldigten ergibt sich also aus einem eigenen, dem des Beschuldigten widerstreitenden rechtlichen Interesse am Verfahrensausgang. Daher scheidet derjenige Zeuge als Partei aus, der ohne rechtlich anerkennenswerte eigene kontradiktorische Interessen am Verfahrensausgang lediglich als Beweismittel zur Verfügung steht und damit eine ihm als Staatsbürger obliegende Pflicht erfüllt.[227]

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Mit der Frage, ob sich ggf. auch aus dem Anwendungsbereich des § 31 BtMG widerstreitende rechtliche Interessen des Aufklärungszeugen in Bezug auf den Beschuldigten und damit u.U. eine Parteistellung auch eines nicht der nämlichen Tat verdächtigen Zeugen begründen lässt, hat sich die Rechtsprechung soweit ersichtlich bislang nicht befassen müssen. Leistet ein Beschuldigter Aufklärungshilfe in Bezug auf Taten, an denen er selbst nicht beteiligt ist, hiervon jedoch weiß, so muss ihm – zumindest, solange ihm noch die Vorteile des § 31 BtMG im Rahmen der Strafzumessung in seinem eigenen Verfahren zu Gute kommen können – ein eigenes Interesse am Ausgang desjenigen Verfahrens zugesprochen werden, in dem er sich als Zeuge die Vorteile des § 31 BtMG verdienen will. Sein Interesse wird hierbei zwangsläufig demjenigen des von ihm belasteten Beschuldigten zuwider laufen.[228] Gerade für den häufig im Betäubungsmittelbereich tätigten Verteidiger stellt sich der extensive Gebrauch des § 31 BtMG als eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle für die Begehung eines Parteiverrats dar.

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Praxistipp

Auch dann, wenn es sich um einen Zeugen ohne ein eigenes objektives Interesse am Verfahrenausgang handelt, er also nicht Partei i.S.v. § 356 StGB ist, sollte der Verteidiger davon Abstand nehmen, diesen in derselben Sache zu beraten. Er sollte es stattdessen gegenüber dem Zeugen bei der Empfehlung belassen, einen Kollegen mit der Wahrnehmung seiner Zeugeninteressen zu beauftragen. Tritt im weiteren Verlauf der Mandate eine (zunächst nicht erahnte) Interessenkollision auf, kann der Verteidiger zumindest gegen § 43a BRAO verstoßen.

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