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d) Einwilligung der Parteien
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Völlig unabhängig hiervon ist nun die Frage zu beantworten, ob und inwieweit ein objektiv festzustellender Interessengegensatz der Disposition der hiervon betroffenen Parteien unterliegt und durch eine Einwilligung der Parteien ein pflichtwidriges Handeln des Verteidigers ausgeschlossen werden kann. Diese Frage wird insbesondere in den (keineswegs seltenen) Fällen Bedeutung erlangen, in denen der Mandant andere Personen aus der Sache heraushalten will, auch wenn sich dies im Strafprozess zu seinen eigenen Lasten auswirkt, weil er damit auf die Geltendmachung strafmildernder Umstände verzichtet oder sich um die Vorteile einer Aufklärungshilfe bringt.
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Der Bundesgerichtshof hat insoweit einen Wegfall des Interessenwiderstreits infolge der Einwilligung der hiervon betroffenen Parteien bejaht im Falle eines Mandanten, der aus ideellen und materiellen Gründen die eigentlichen Haupttäter einer Einfuhrfahrt von Haschisch nicht preisgeben und deshalb die Tat alleine auf sich nehmen wollte. Der Anwalt, der die Verteidigung des Mandanten im Auftrag der Haupttäter übernommen und bei der Realisierung dieser unter allen Beteiligten abgesprochenen Verteidigungsstrategie mitgewirkt hatte, habe deshalb keinen Parteiverrat begangen. Der Bundesgerichtshof hat zunächst festgestellt, ein Beschuldigter brauche seine Tatgenossen nicht zu offenbaren. „Wenn und solange“ der Mandant im Rahmen seiner Verteidigung seine Tatgenossen „aus Motiven deckt, die sein Handeln als autonom bestimmtes Verhalten erscheinen lassen und solange er sich hierbei über die möglichen nachteiligen Konsequenzen seines Verhaltens im Klaren ist und sie aus freien Stücken auf sich nimmt, darf der Verteidiger diese Verteidigungsstrategie hinnehmen“.[249]
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Dieses Ergebnis mag zunächst überraschen, ist doch das objektive Interesse des Mandanten im Strafverfahren zunächst darin zu finden, für sich bei der Strafzumessung ein bestmögliches Ergebnis im Sinne einer möglichst milden Strafe zu erzielen. Dies wird auch vom Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung nicht in Abrede gestellt. Er hält es jedoch für möglich, dass ein – objektiv festzustellender – Interessengegensatz aufgrund einer autonomen Entscheidung der beteiligten Parteien beseitigt werden kann mit der Folge, dass für den Verteidiger die Pflichtwidrigkeit entfällt.[250]
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Man wird daher, wenn und soweit das objektive Interesse für die betroffenen Parteien zur Disposition steht, einen Ausschluss des Interessengegensatzes durch eine autonome Entscheidung der Parteien anzuerkennen haben. Dies betrifft i.d.R. diejenigen Fälle, in denen neben dem objektivierbaren Interesse eines Beschuldigten in einem Strafverfahren bei dem Mandanten noch weitere, außerhalb des Strafverfahrens zu findende, in ihrer Bedeutung für ihn oftmals gleichwertige oder gar höherrangige subjektive Interessen vorhanden sind. Soweit sein objektiv festzustellendes Interesse im Strafprozess für ihn disponibel ist, so kann dies zu einer Beseitigung eines Interessengegensatzes führen, wenn und soweit dies auf einer autonomen Entscheidung der betroffenen Parteien beruht.[251]
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Die Grenze der Dispositionsbefugnis liegt in dem den Mandanten nicht alleine betreffenden Schutzbereich der Vorschrift, nämlich dem Vertrauen der Allgemeinheit in das Ansehen der Anwaltschaft als Teil einer funktionierenden Rechtspflege. Dass hier Abgrenzungsprobleme bestehen, versteht sich von selbst[252].