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d) Umgang mit Zeugen

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Beim Umgang mit Zeugenaussagen hat der Verteidiger die hierzu vom Bundesgerichtshof aufgestellten „Grundregeln“ zu beachten:[194] „Der Verteidiger darf nicht wissentlich falsche Tatsachen behaupten und hierfür Zeugen benennen. In den von der Rechtsprechung aufgestellten Grenzen ist er verpflichtet, darauf zu achten, dass er nicht Zeugen benennt, von denen er erkennt, dass sie eine Falschaussage machen werden. Auch darf er einen Zeugen nicht absichtlich in einer vorsätzlichen Falschaussage bestärken. Er kann eigene Ermittlungen führen und insbesondere Zeugen auch außerhalb der Hauptverhandlung befragen. Hat er lediglich Zweifel an der Richtigkeit einer Zeugenaussage, die seinen Mandanten entlasten könnte, so ist es ihm nicht verwehrt, den Zeugen zu benennen; er wird dazu regelmäßig sogar verpflichtet sein. Andernfalls würde er in Kauf nehmen, ein möglicherweise zuverlässiges, entlastendes Beweismittel zu unterdrücken.“

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Nicht verständlich ist diese Rechtsprechung, soweit sie dem Verteidiger in aller Pauschalität untersagt, einen Zeugen zu benennen, von dem er weiß, dass er bereit ist, für den Mandanten falsche Tatsachen zu bekunden, andernfalls er sich wegen Strafvereitelung strafbar mache.[195] Wenn der Verteidiger diese Bereitschaft weder geweckt noch gefördert[196] hat, so muss er den Zeugen in Ausübung seines Beweisantragsrechts benennen dürfen, ohne damit zugleich riskieren zu müssen, sich selbst strafbar zu machen.[197] Abseits der Frage eigener Strafbarkeit wird der erfahrene Verteidiger allerdings ohnehin stets von der Benennung eines zur Falschaussage entschlossenen Zeugen Abstand nehmen. Ohne jeden Zweifel ist es dem Verteidiger verwehrt, auf einen Zeugen aktiv einzuwirken mit dem Ziel, von ihm wissentlich eine unwahre Aussage zu erlangen.[198] Die Anstiftung zur Falschaussage ist für den Verteidiger wie für jeden anderen strafbar. Bestärkt er den Mandanten dabei, auf einen Zeugen mit dem Ziel einer Falschaussage einzuwirken, so kommt eine Strafbarkeit des Verteidigers wegen (mittelbarer) Beihilfe zur Falschaussage selbst dann in Betracht, wenn der Zeuge durch den Mandanten bereits zur Falschaussage angestiftet worden war, sofern die Aussage noch nicht abgeschlossen, die Haupttat mithin noch nicht beendet war.[199]

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Dem Verteidiger ist es hingegen erlaubt, bei einem Zeugen auf einen Verzicht oder eine Rücknahme eines Strafantrags hinzuwirken und auch die Einwirkung auf den Zeugen, von einem diesem zustehenden Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen, ist ohne Weiteres zulässig; der Verteidiger darf sich hierbei jedoch keinesfalls der in § 136a StPO genannten, prozessual unzulässigen Mittel bedienen.[200] Zwar ist er nicht Adressat der Vorschrift; sie bestimmt jedoch das gesamte Strafverfahren und die darin aufgestellten Grundsätze sind auch von ihm zu beachten.[201] Auch soll das Verteidigerhandeln dann nicht mehr zulässig sein, wenn der Verteidiger darauf hinwirkt, dass einem Zeugen für ein bestimmtes Aussageverhalten die Zahlung eines Geldbetrags versprochen wird, ohne dass dafür sonst eine Anspruchsgrundlage gegeben ist. Aber auch dann, wenn für das Zahlungsversprechen eine unabhängig von der Vereinbarung bestehende Anspruchsgrundlage besteht (Schmerzensgeld oder sonstige Schadensersatzansprüche), sollen die Grenzen zulässigen Verteidigerhandelns namentlich dann überschritten sein, wenn das Zahlungsversprechen durch den „Erfolg“ der Aussage bedingt ist oder wenn es sich aufdrängt, dass die versprochene Aussage falsch sein muss.[202] Denn mit dem Versprechen eines Honorars für eine erfolgreiche Aussage sei fast immer eine Trübung der Beweisquelle verbunden. Als durchaus legitim sieht der Bundesgerichtshof es jedoch unter Hinweis auf die Vorschriften der § 46a StGB, § 155a StPO an, wenn ein Strafverteidiger mit dem Geschädigten, der zugleich Hauptbelastungszeuge ist, eine zivilrechtliche Schadensregulierung vereinbart. Denn dies entspreche auch der neueren Entwicklung der Gesetzgebung, im Interesse des Rechtsfriedens einen Ausgleich zwischen Täter und Opfer zu fördern.[203]

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An dieser Rechtsprechung mag man kritisieren, dass sie dem Verteidiger verwehrt und sogar unter Strafe stellt, was die Justiz für sich bedenkenlos in Anspruch nimmt.[204] Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die in § 31 BtMG geregelten, bis zum Absehen von Strafe reichenden Vorteile für den Beschuldigten im Falle belastender Angaben in Bezug auf Dritte zumindest ebenso geeignet sind, eine Beweisquelle zu trüben, wie eine Geldzahlung an einen Zeugen für eine den Beschuldigten entlastende Aussage. Denn die Vorteile aus § 31 BtMG werden nur dann gewährt, wenn der Zeuge eine „erfolgreiche“ Aussage macht, mit der er Dritte einer Straftat bezichtigt. In hohem Maße zur Wahrheitsverfälschung geeignet ist auch die um sich greifende Praxis der Festnahme von Entlastungszeugen in der Hauptverhandlung durch den Sitzungsvertreter wegen des Verdachts der Falschaussage mit nachfolgendem Hinweis darauf, dass ein Haftgrund im Falle einer Aussageänderung selbstverständlich entfalle.

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Hinweis

Auf der Grundlage der derzeitigen Rechtsprechung ist dem Verteidiger nachdrücklich zu empfehlen, Zahlungsversprechen an Zeugen nur bei entsprechenden zivilrechtlichen Ansprüchen in Betracht zu ziehen und die Zahlung keinesfalls von einem bestimmten Aussageverhalten des Zeugen abhängig zu machen.

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Der Verteidiger darf schließlich mit Blick auf §§ 52, 252 StPO einen Belastungszeugen auf die Existenz eines Auskunfts- oder Zeugnisverweigerungsrechts hinweisen und an den Zeugen mit der Bitte herantreten, hiervon (teilweise) Gebrauch zu machen (zum Umgang des Verteidigers mit Angehörigen oder gefährdeten Zeugen eingehend siehe Kap. 2 Rn 416 ff.). Untersagt ist es dem Verteidiger jedoch, auf einen Zeugen mit dem Ziel einzuwirken, sich auf ein tatsächlich nicht bestehendes Verlöbnis zu berufen.[205]

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