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c) Pflichtwidrigkeit
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Pflichtwidrig handelt der Rechtsanwalt, der widerstreitende Interessen vertritt (vgl. § 43a Abs. 4 BRAO). Unabdingbare Tatbestandsvoraussetzung des § 356 StGB ist ein Interessengegensatz zwischen den Parteien.[241] Ein Interessengegensatz ist anzunehmen, wenn die Tätigkeiten des Rechtsanwaltes den Interessen der einen Partei nützen und zugleich der anderen Partei schaden könnten.[242] Stellt sich der Interessengegensatz erst im Laufe der Tätigkeiten des Rechtsanwaltes heraus, so wird sein Handeln ab diesem Zeitpunkt pflichtwidrig.[243]
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Ob das Interesse des Mandanten subjektiv oder nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen ist, ist umstritten.[244] Das Interesse einer Partei ist bereits nach seinem Begriff zunächst zwangsläufig ein subjektives.[245] Allerdings muss dieses subjektive Interesse objektiv realisierbar sein. Die Vorschrift des § 356 StGB dient nämlich nicht nur dem individuellen Interesse der betroffenen Partei, sondern auch dem Interesse der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtspflege und damit dem Ansehen der Anwaltschaft als wichtiger Teil derselben.[246] Der Unrechtsgehalt der Vorschrift ist daher auch in einer Erschütterung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Berufstreue des Anwalts zu sehen.[247]
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Jedenfalls im Strafprozess wird der Verteidiger vorrangig dem objektiven Interesse des Mandanten zu dienen haben.[248] Der Verteidiger nimmt im Strafprozess eine besondere Funktion ein. Er ist Beistand des Beschuldigten, keineswegs dessen Vertreter im Willen. Er unterscheidet sich damit von dem Zivilanwalt, der grundsätzlich den subjektiven Interessen des Mandanten unterworfen ist und sich danach zu richten hat. Vom Verteidiger hingegen wird zu erwarten sein, dass er sich den Weisungen des Mandanten und damit dessen subjektiven Interessen dann nicht unterwirft, wenn diese aus seiner Sicht der objektiven, tatsächlichen Interessenlage des Mandanten zuwider laufen. Der Verteidiger schuldet dem Mandanten eine bestmögliche Verteidigung. Ebenso, wie der Verteidiger es unterlassen wird, für den Mandanten objektiv nachteilige Umstände in das Verfahren einzubringen, ist von ihm zu erwarten, dass er einen objektivierenden Maßstab bei der Beurteilung anlegt, womit er den Interessen des Mandanten (noch) dient. So wäre das Vertrauen der Allgemeinheit in die Anwaltschaft erschüttert, wenn der Verteidiger einem Unschuldigen zu einer Haftstrafe deshalb verhilft, weil der Mandant – aus welchen Gründen auch immer – seine Inhaftierung anstrebt. Andererseits wird niemand ernsthaft behaupten, dass der Verteidiger den Interessen des Mandanten zuwider handelt, wenn er für ihn einen Freispruch erkämpft, auch wenn dieser für den Mandanten subjektiv unerwünscht sein mag.