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Die Schlacht von Mantzikert

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Diese blutige Schlacht ist eine wichtige Wegmarke in der Geschichte Europas, denn ihr Ausgang steckt das Einflussgebiet der islamischen Religion ab. Zwar wird es immer wieder Versuche geben, in der Mitte des europäischen Kontinents Fuß zu fassen und auch dort ein islamisch organisiertes Staatengebilde zu etablieren. Diese Versuche werden in den kommenden Jahrhunderten den gemeinsamen Widerstand der christlichen Staaten in Europa herausfordern und schließlich scheitern. Mit dem Jahr 1071 ist auch entschieden, dass die Türkei ein islamisches Land wird und damit in Gegensatz zu den christlichen Staaten Europas gerät. Durch den Untergang des ehemaligen „oströmischen“ Reiches in Konstantinopel ist außerdem klar, dass der Papst und mit ihm die christliche Lehre in dieser Region der Welt nur geringe Bedeutung erlangen wird. Die jeweiligen Einflussgebiete sind abgesteckt, Krieg gibt es immer dann, wenn eine Religion versucht, sich auf dem Gebiet der anderen auszubreiten. Als die Seldschuken im Zuge ihres Vormarsches im Nahen Osten vor den Toren Jerusalems erscheinen, bedrohen sie die Wiege des Christentums. Das kann der Papst in Rom keinesfalls akzeptieren - der Startschuss zu den Kreuzzügen ist nach der Schlacht von Mantzikert im Jahr 1071 gefallen.

Die Kunde von der Niederlage der byzantinischen Truppen und den darauf einsetzenden Eroberungen durch die Seldschuken erreicht natürlich auch den Papst in Rom. Daraufhin kommt die christliche Propaganda in Schwung, die den Eroberern vorwirft, christliche Kultstätten zu entweihen und arme Christenmenschen, die sich als Pilger auf den Weg ins Heilige Land gemacht haben, abzuschlachten. Auf der Synode von Clermont ruft der Papst Urban II. am 27. November 1095, mit ziemlich unappetitlichen Worten, die uns vom Chronisten Robert der Mönch überliefert sind, zum Kreuzzug auf:

„Sie beschneiden die Christen und das Blut der Beschneidung gießen sie auf den Altar oder in die Taufbecken. Es gefällt ihnen, andere zu töten, indem sie ihnen die Bäuche aufschneiden, ein Ende der Därme herausziehen und an einen Pfahl binden. Unter Hieben jagen sie sie um den Pfahl, bis die Eingeweide hervordringen und sie tot auf den Boden fallen. Ihr solltet von dem Umstand berührt sein, dass das Heilige Grab unseres Erlösers in der Hand des unreinen Volkes ist, das die heiligen Stätten schamlos und gotteslästerlich mit seinem Schmutz besudelt.“

Tatsache ist, dass die muslimischen Herrscher über Jerusalem in den christlichen Pilgern eine lohnende Einnahmequelle erblickt und die heiligen Stätten deswegen nur gegen die Zahlung einer Art Eintrittsgeld zugänglich gemacht haben. Für die frommen Pilgerscharen, die ihre Knie auf der heiligen Erde des Ölbergs oder Golgathas beugen wollen, ist das natürlich unerträglich. Alljährlich sammelt sich eine christliche Reisegesellschaft in Rom an den Gräbern der Apostel, setzt auf Galeeren von Pisa oder Genua nach Konstantinopel über und macht sich von dort zu Fuß ins Land der Verheißung auf. Nach dieser beschwerlichen Reise lockt – am liebsten natürlich zur Osterzeit – ein Gebet an einem Stein, auf dem angeblich Jesus von Nazareth gesessen hat oder ein Schluck aus einer Wasserquelle, von der einst schon die Lippen des Herrn benetzt worden sind. Alsdann geht es weiter auf die Berge des Leidens und zu der Stätte, wo der Leib Christi seine ewige Ruhe gefunden hat. Ist genügend Buße getan und feierliches Gelübde für einen zukünftig besseren Lebenswandel abgelegt, folgt ein Bad in den seichten Wellen des Jordan. Nachdem die Sünden der Vergangenheit auf diese Weise entsorgt worden sind, machen sich die Geläuterten auf ihre Heimreise, die keineswegs einfacher als der Hinweg ist, sich aber wegen der reinigenden Kraft des Besuchs der heiligen Stätten leichter ertragen lässt. Devotionalienhandel gibt es auch damals schon. Für ein Steinchen aus den Mauern der Grabeskirche oder einen Palmenzweig aus dem Garten Gethsemane lässt manch ein Pilger Geld springen. Das haben auch die neuen Herren erkannt und halten deshalb die Tore Jerusalems für die Reisenden eine Weile offen – „des Gewinnes wegen“, wie es in einer der vielen Überlieferungen aus jener Zeit heißt. Aber sie verunstalten auch manche der heiligen Stätten, zerstören Steinfiguren, die Christus ohne Nase und Ohren zeigen. Diese stummen Ankläger einer wüsten Herrschaft im Heiligen Land erzürnen die Christenmenschen, die ihrer Empörung nach der Rückkehr in die Heimat freien Lauf lassen.

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