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Machtkämpfe in Deutschland
ОглавлениеIm deutschen Reich ist derweil mit Heinrich VI., einem Sohn Friedrichs I. Barbarossa, ein Mann Kaiser geworden, der einen Beleg für besessenes Streben nach allumfassender Macht abgibt, die zur Durchsetzung eigener Interessen keinerlei Rücksicht auf andere nimmt. Nach einem Eroberungsfeldzug gegen die Normannen, der 1191 mit einer erzwungenen Kaiserkrönung durch Papst Coelestin III. beginnt und drei Jahre später mit seiner Krönung zum König von Sizilien endet, entwickelt Heinrich VI. weltumspannende Interventionspläne. Getrieben von unbändigem Ehrgeiz will er das alte Römische Reich unter staufischer Führung wieder aufrichten. Der Plan einer staufischen Universalherrschaft reicht bis von Konstantinopel bis zum afrikanischen Küstenstreifen zwischen Tunis und Tripolis, Zypern und Armenien und Jerusalem. Der frühe Malariatod des Kaisers in Messina am 28. September 1197 verhindert die Umsetzung dieser Vorstellung und macht den Weg frei für seinen Sohn Friedrich II.. Mit dem Tod Heinrichs VI. nimmt auch der Streit zwischen Staufern und Welfen um die Macht im deutschen Reich an Heftigkeit zu. Exponenten dieser bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzung sind der Welfe Otto IV. und der Staufer Friedrich II..
Otto IV. ist das Kind von Mathilde von England und Heinrich dem Löwen. Er wächst in der fürsorglichen Umgebung des englischen Königs Richard I. Löwenherz auf, der ihm die Grafschaft York und den Titel Herzog von Aquitanien überträgt. Aquitanien liegt mitten in Frankreich, nördlich der Dordogne bis zur Stadt Limoges. Als Heinrich VI. 1197 verstirbt, hat sein Sohn Friedrich II. gerade erst das Laufen gelernt, kommt also als aktiver Regent nicht in Frage. Das nun entstehende Machtvakuum nutzen die Welfen und laden Richard I. Löwenherz zur Teilnahme an einer Königswahl nach Köln ein. Richard I. Löwenherz nimmt dankend an, weil er einen geeigneten Kandidaten im Kopf hat. Er schlägt seinen welfischen Ziehsohn Otto IV. vor, der zwar nicht unumstritten ist, aber durch das Wort des englischen Königs machtvolle Unterstützung erfährt. Diesem Umstand Folge leistend, wird er durch den Erzbischof Adolf von Köln am 12. Juli 1198 mit nachgebildeten Insignien zum König gekrönt.
1198 kommt es zu einer Doppelwahl, denn nur wenige Kilometer rheinaufwärts haben sich die Staufer in Mainz versammelt und wählen ihrerseits Philipp von Schwaben, den jüngsten Sohn des legendären Friedrich I. Barbarossa, zum König. Ihr Nachteil: Sie können sich nicht auf eine legitime Krönung wie die durch den Kölner Erzbischof bei Otto IV. berufen. Diese Doppelwahl von 1198 ist der Beginn einer heftigen Auseinandersetzung um das Erbe der Kaiserkrone in Deutschland, die man den staufisch-welfischen Dualismus nennt. Die Entscheidung fällt nicht in Deutschland sondern in Italien, weil Papst Innozenz III. die Rolle des Schiedsrichters in diesem innerdeutschen Streit um die Thronfolge beansprucht. Nicht ohne Hintersinn, denn der Vatikan ist abhängig von den machtpolitischen Konstellationen in Oberitalien und – wie sich jetzt herausstellt – auch in Sizilien. In Deutschland ist der Streit um die Krone in vollem Gange, so dass Philipp von Schwaben und Otto IV. im Juli 1206 in der Schlacht von Wasserburg aneinander geraten. Als Otto IV. verliert, wendet sich der Papst von ihm ab und signalisiert dem siegreichen Philipp von Schwaben seine Unterstützung. Aber gerade als der sich anschickt, die Thronfolge anzutreten, wird er am 21. Juni 1208 durch den bayerischen Pfalzgrafen Otto II. von Wittelsbach ins Jenseits befördert. Die politischen Zustände geraten außer Kontrolle, denn nun ist der Weg wieder frei für Otto IV. trotz dessen schmählicher Niederlage zwei Jahre zuvor. Otto IV. richtet sein Augenmerk auf die Wiederherstellung der Reichsgewalt in Oberitalien und Sizilien und kalkuliert die geopolitische Umzingelung des Vatikans ein. Am 4. Oktober 1209 erscheint er bei Papst Innozenz III. und erreicht unter Androhung von Gewalt und Auflistung falscher Versprechungen seine Krönung zum römischen Kaiser.