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Universitas Christiana

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Die römischen Päpste haben die europäische Christenheit in die Kreuzzüge geführt und tragen als oberste Heeresführer die Verantwortung für Opfer und Verwüstungen. Die weltlichen Herrscher haben sich in den Dienst der Kurie gestellt und deren Wunsch nach Unterwerfung der „Heiden“ in die militärische Tat umgesetzt. Das christliche Kreuz ist das Symbol für die Ritter, es drückt gleichzeitig ihre religiöse Ideologie aus, mit der sie ihren islamischen Gegnern entgegen treten. Den Päpsten ist es gelungen, Europa unter dem Zeichen des Kreuzes zu vereinen und für die „Befreiung Jerusalems“ zu begeistern. Widerspruch gibt es nicht, denn der Papst ist der von Gott gesandte Stellvertreter auf Erden, dem die weltliche Macht zur Verteidigung und Durchsetzung des göttlichen Willens zur Seite zu stehen hat. Papst und Kaiser sind eine heilige Einheit, die diese göttliche Ordnung garantiert. So unterschiedlich die europäischen Völker sind, so sehr sie miteinander in Kriege verwickelt sind, so sehr sind sie aber eben auch Teil der christlichen Gemeinde des Kontinents.

Mit den Kreuzzügen kommt die „Universitas christiana“ deutlicher als je zuvor zum Ausdruck. Die Christen des Abendlandes fühlen sich als Einheit, gemeinsam befolgen sie klaglos die Regeln ihrer Religion. Die christlichen Ritter fragen zwar auch nach weltlicher, materieller Entlohnung, streben aber in erster Linie danach, die Wiege ihrer Religion aus den Händen jener zu befreien, die in ihren Augen „Heiden“ sind. Die machtvolle Stellung der Päpste in Europa dauert so lange, bis sich in ihren eigenen Reihen ein christlicher Gegenentwurf bildet, der die Macht der alten römischen Kirche erst in Frage stellen und dann deutlich vermindern wird. Bis dahin aber dauert es noch gut 200 Jahre.

In der bisherigen Geschichte Europas folgen Katastrophen und Kriege rasch aufeinander. Diverse Eroberungen sind nicht von langer Dauer und haben keine langfristige Veränderung der europäischen Landkarte bewirkt. Die Abwehr der arabischen Eroberung des Frankenreiches durch Karl Martell im Jahre 732 in der Schlacht von Tours und Poitiers mag dabei ebenso eine Ausnahme sein, wie die vernichtende Niederlage des christlichen Heeres in Ostanatolien bei Mantzikert im Jahre 1071, die das Vordringen der Seldschuken in das einstmals von der stolzen christlichen Metropole Konstantinopel beherrschte vorderasiatische Gebiet ermöglicht.

Das mittelalterliche Europa zeigt die Grundzüge seines noch heute bekannten Gesichts: das Königreich Ungarn ist entstanden, das Kroatien, Bosnien und Slawonien umfasst und bis nach Krakau im Norden reicht. Darüber schließt sich Polen an. Königreiche gibt es außerdem in Dänemark, Schottland, England, Frankreich und Sizilien sowie in den spanischen Provinzen Kastilien, Leon, Navarra und Aragon, die später in einem spanischen Königreich vereint sein werden. Auch Deutschland und Italien sind herausgebildet. Während sich bei den meisten Nachbarn erste Konturen eines gemeinsamen „Staatswesens“ herauskristallisieren, herrscht in Deutschland das genaue Gegenteil vor: der scheinbar unauflösliche Konflikt zwischen zentraler und partikularer Gewalt. Und deshalb kommt es wie es kommen muss...

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