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a) Maßstäbe
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Das dem nationalen (Verfassungs-)Recht vorgehende Gemeinschaftsrecht[77] enthält Bestimmungen, welche angesichts der durch das RDG bewirkten Einschränkungen bei der Erbringung von Rechtsdienstleistungen berührt sind. Sie können innerhalb der Bundesrepublik schließlich auch dann den nationalen Beschränkungen des RDG unterliegen, wenn sie von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aus oder durch einen seiner Angehörigen erbracht werden.[78]
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Aus dem primären Gemeinschaftsrecht können die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) der Anwendung des RDG bzw. der Annahme eines Erlaubnisvorbehalts nach den §§ 2, 3 entgegenstehen; die Abgrenzung beider Freiheiten ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.[79] Bei grenzüberschreitender Rechtsberatung geht es meistens um die Dienstleistungsfreiheit. Soweit im Einzelfall einmal die Niederlassungsfreiheit betroffen sein sollte, gelten regelmäßig keine strengeren Maßstäbe als bei der Dienstleistungsfreiheit, da die Unterwerfung unter das nationale Recht hier weiter gehen kann, als bei der kurzzeitigen Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen.
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Nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den AEUV garantierten grundlegenden Freiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, sind nur unter vier Voraussetzungen vertragskonform: Sie müssen in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt, geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.[80]
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Am Maßstab der bisherigen Rechtsprechung des EuGH – wenn auch zu seinem Vorgänger des RBerG – wird das RDG als europarechtskonform angesehen:[81] Die vorrangig durch seine Einschränkungen betroffene Dienstleistungsfreiheit beinhaltet zunächst das Gebot der Inländergleichbehandlung.[82] Diesem genügt das Gesetz, da es unterschiedslos für Inländer und Ausländer die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsdienstleistungen regelmäßig verwehrt.[83] Art. 56 AEUV schützt darüber hinaus gegen alle Beschränkungen, wenn sie geeignet sind, die Tätigkeit des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.[84] Das RDG enthält eine solche Einschränkung, weil es die Rechtsberatung in Deutschland selbst dann unmöglich macht, wenn sich der Leistungserbringer aus einem anderen Mitgliedstaat nur ganz gelegentlich im Bundesgebiet betätigt.[85] Diese Beschränkung ist nur dann mit der Dienstleistungsfreiheit vereinbar,[86] wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind: Es muss in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, es muss aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, es muss geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihm verfolgten Zieles zu gewährleisten, und es darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.[87]