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e) Sekundäres Gemeinschaftsrecht
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Partielle Einschränkungen des Rechtsdienstleistungsrechts ergeben sich zwischenzeitlich auch aus sekundärem Gemeinschaftsrecht. Dieses stellt zwar das anwaltliche Beratungsmonopol als Ganzes nicht in Frage. Richtlinienrecht kann aber etwa spezialrechtliche Regelungen über bestimmte berufliche Tätigkeiten enthalten, die nur dann wahrgenommen werden können, wenn sie nicht dem RDG unterfallen. Es führt dann zur Freistellung dieser Betätigungen von den Anforderungen des RDG.[99] Derartige Umsetzungsnormen, die eine bestimmte Tätigkeit – etwa die eines Schadensregulierungsvertreters eines Versicherungsunternehmens aus einem anderen EU- Mitgliedstaat[100] – spezifisch ausgestalten, sind insoweit als spezialgesetzliche Ausnahmen vom generellen Verbot des RDG anzusehen.[101]
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So dient das RDG der Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EG Nr. L 255 S. 22).[102] Sie enthält konkrete Regelungen zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit von Angehörigen anderer Mitgliedstaaten, die das RDG u. a. in § 10 RDG umsetzt. Andererseits war in Umsetzung der Richtlinie dafür Sorge zu tragen, dass die lediglich vorübergehende Berufsausübung in einem der in § 10 RDG geregelten Berufe formlos und ohne gesonderte Prüfung der Berufsqualifikation möglich ist, wenn die betreffende Person diesen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig ausübt, vgl. § 15. Von besonderer praktischer Bedeutung ist diese Umsetzung für die Inkassodienstleistungen.[103]
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Die Zulässigkeit der vorübergehenden Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Inland bezieht sich dagegen entsprechend der Reichweite der Berufsqualifikationsrichtlinie nicht auf solche Rechtsdienstleistungen, die nicht unter § 10 RDG fallen, sondern im Inland den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten vorbehalten sind.[104] Solche Rechtsdienstleistungen dürfen Angehörige anderer Mitgliedstaaten – soweit es sich nicht um eine zulässige Nebenleistung nach § 5 handelt – in Deutschland nur unter den Voraussetzungen des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) vorübergehend erbringen, und zwar unabhängig davon, ob die betreffende berufliche Tätigkeit in ihrem Heimatstaat reglementiert ist oder nicht.
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Eine partielle Freistellung ist auch für die Online-Rechtsberatung von einem anderen EU-Mitgliedstaat auf Grund der E-Commerce-Richtlinie erfolgt.[105] Sie beinhaltet das Herkunftslandprinzip, so dass außerhalb der BRD erbrachte Rechtsberatung grundsätzlich nicht mehr dem RDG unterfällt.[106] Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass sich nationale Restriktionen auf dem Dienstleistungsmarkt angesichts der Nutzung moderner Medien als unhaltbar erweisen. Mit der EU-Richtlinie wird ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für die Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs geschaffen. Durch die grundsätzliche Anwendung der Rechtsvorschriften des Staates der Niederlassung haben Anbieter ihre jeweilige Dienstleistung nicht mehr an die 15 verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften anzupassen. Erfasst wird „jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung“; dazu gehören sämtliche online ausgeführten Aktivitäten.[107]