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b) Gebot der Bereichsdifferenzierung
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Bei der Prüfung der Gemeinwohlerforderlichkeit von Rechtsdienstleistungsrestriktionen ist genauer zu prüfen, ob es um den unstreitig zu schützenden Kernbereich der eigentlichen Berufsausübung oder nur um deren Rahmen. Der EuGH betont zu recht, dass Gefahren dort zu bekämpfen sind, wo sie tatsächlich bestehen.[110] Zu prüfen ist, ob es um die eigentliche Rechtsdienstleistung geht oder ob Restriktionen ihrer Erbringung nur das berufliche Umfeld betreffen. Soweit daher das RDG die eigentliche Rechtsdienstleistung betrifft, ist die Gemeinwohlrelevanz indiziert. Entscheidend kann aber auch dabei nur sein das Ziel, entsprechend § 1 I 2 sicherzustellen, dass eine qualifizierte Rechtsbesorgung erfolgt.
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Betrifft eine Beschränkung im Rechtsdienstleistungsrecht hingegen nur das „Umfeld“, ist ihre Gemeinwohlwidrigkeit indiziert. Unterschieden werden muss zwischen einem internen und einem externen Bereich.[111] Diese Bereichsdifferenzierung ist unverzichtbar, um bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit weniger schwerwiegende Folgen für die Freiheitsrechte zu erreichen.[112] Die Trennung der Bereiche ermöglicht die klare Unterscheidung, in welchem Bereich die Gefahren für die Klienten der Rechtsdienstleister vorhanden sind und wo die zu prüfenden staatlichen Maßnahmen ansetzen. Dementsprechend hat der EuGH im Optikerfall[113] darlegt, dass Fremdbesitzverbote nicht gemeinwohlerforderlich sind; das OVG Saarlouis[114] hat diese Grundsätze auf den Apothekenbereich übertragen. Das Fremdbesitzverbot vermische den internen Bereich der Inhaberschaft mit dem externen Bereich der angebotenen Dienstleistungen zum Nachteil der im Vertrag vorgesehenen Grundfreiheit.[115] Trenne man dagegen die beiden Bereiche der Patientenbeziehung und der Eigentumsform, so hätte dies bei der Prüfung des Übermaßverbotes weniger schwerwiegende Folgen für die gemeinschaftsrechtliche Freiheit.[116] Es werde klar erkennbar, dass das staatliche Verbot der Niederlassungsfreiheit nicht dort ansetzt, wo die Gefahr ist.
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Aus vergleichbaren Erwägungen kann es auch im Rechtsdienstleistungsrecht nur darauf ankommen, dass die Rechtsdienstleistung durch qualifizierte Personen konform dem Berufsträgervorbehalt[117] erbracht wird. Wer dem Rechtsdienstleister hingegen den Auftrag erteilt, ob er als Subunternehmer oder Erfüllungsgehilfe oder gar als Syndikusanwalt im Anstellungsverhältnis tätig wird, ist unter Gemeinwohlaspekten irrelevant, soweit dadurch die selbstständige und freie Erbringung der Rechtsdienstleistung nicht gefährdet wird.[118] Eine entsprechend liberale Regelung hatte der Gesetzgeber in § 5 III RDG-E vorgesehen für den Fall der Subunternehmerschaft. Ihre Streichung in der endgültigen Gesetzesfassung kann nicht verhindern, dass ihr Inhalt unmittelbar kraft Europa- und Verfassungsrechts gilt.[119]