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bb) Erzwungener Kurswechsel

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Der EGMR hat in den letzten Jahren dem BVerfG und seinen Richtern „deutlich gemacht“, dass die bisher praktizierte „Mißachtung“ nicht weiter haltbar ist. In vielen Entscheidungen – sei es zum überlangen Verfahren, zur Sicherungsverwahrung[11] oder zum Ehe- und Familienrecht – zwang er das BVerfG zu einem Kurswechsel und zur Übernahme seiner Rechtsprechung zur EMRK. Virulent konnte der Konflikt insbesondere deswegen werden, weil ein Verfahren vor dem EGMR gemäß Art. 35 EMRK die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtsweges verlangt und hierzu auch die Einlegung der Verfassungsbeschwerde zum BVerfG gezählt wird. In der Konsequenz kann der EGMR nicht nur eine divergierende Entscheidung zu demselben Sachverhalt treffen, sondern auch eine Entscheidung des BVerfG zum Gegenstand seiner eigenen Rechtsprechung machen.

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Dem BVerfG blieb nichts anderes übrig, als dem Druck aus Straßburg nachzugeben. Vermehrt zieht es endlich auch bei der Auslegung der Grundrechte die Judikatur des EGMR heran.[12] In der „Görgülü“-Entscheidung[13] modifizierte es erstmals seine bisherige Rechtsprechung, indem es die Bindungswirkung von Entscheidungen des EGMR für deutsche Gerichte betonte. Das BVerfG begründete seine Entscheidung mit einer Verletzung von Art. 6 Abs. 2 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG. Das OLG habe eine im konkreten Fall ergangene Entscheidung des EGMR, die eine Verletzung des Art. 8 EMRK aufgrund des Ausschlusses des Umgangsrechts festgestellt hatte, nicht hinreichend beachtet, obwohl – in dieser Feststellung lag die allgemeine Relevanz des Falls – die staatlichen Gerichte über den verfassungsrechtlich fundierten Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit zu einer solchen Beachtung grundsätzlich verpflichtet seien. Die EMRK wurde erstmals trotz ihres Rangs als einfaches Bundesgesetz mittelbar zum verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab erhoben, indem nicht nur die Vertragsstaaten als Völkerrechtssubjekte, sondern alle staatlichen Behörden und Gerichte an die Konvention gebunden werden, und zwar so, wie sie vom EGMR ausgelegt und konkretisiert wird. Auf diese Weise hat das BVerfG selbst die Grundlage dafür gelegt, dass es nunmehr zu echten Konkurrenzsituationen zwischen den Gerichten kommen kann.[14]

Verfassungsbeschwerden und Menschenrechtsbeschwerde

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