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cc) Vorlagepflicht des BVerfG

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Die Aussichts- und Bedeutungslosigkeit von Verfassungsbeschwerden gegen deutsche Akte im Rahmen der europäischen Integration wird auch noch dadurch erhöht, dass das BVerfG in der längst überfälligen Respektierung der vorrangigen Stellung des EuGH sich nicht mehr unmittelbar die Entscheidungskompetenz bezüglich der Annahme eines Ultra-vires-Aktes der europäischen Organe und Einrichtungen zugesteht.[97] Vielmehr sei zuvor „dem Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Gelegenheit zur Vertragsauslegung sowie zur Entscheidung über die Gültigkeit und die Auslegung der fraglichen Rechtsakte zu geben. Solange der Gerichtshof keine Gelegenheit hatte, über die aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen zu entscheiden, darf das Bundesverfassungsgericht für Deutschland keine Unanwendbarkeit des Unionsrechts feststellen.“[98]

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Die Vorlagepflicht hatte das BVerfG in der Vergangenheit nur abstrakt bejaht.[99] Noch im Lissabon-Urteil findet sich die „stillschweigende Weigerung des BVerfG, am Vorlageverfahren zum EuGH teilzunehmen“.[100] Man scheute ihre Erfüllung wie der „Teufel das Weihwasser“. Andere vergleichbare Gerichte wie der Conseil d`Etat, die belgischen, niederländischen, luxemburgischen, irischen, griechischen, schwedischen, finnischen und dänischen obersten Gerichte oder auch – früher -das House of Lords sowie das Österreichische Verfassungsgericht, welche vorgelegt haben, kannten die unverständlichen Karlsruher Berührungsängste nicht. Das BVerfG hat dabei verkannt, dass es sich durch die Nichtvorlage an den EuGH aus entscheidenden Diskussionen in Fragen der europäischen Integration „ausklinkt“. „Wer (aber) vorlegt, der bestimmt die Debatte.“[101] Wer die Initiative ergreift, hat den Vorteil, dass die Debatte unter den Bedingungen des Vorlagegerichts geführt wird.[102] Dies zeigt der Fall des belgischen Verfassungsgerichts, welches durch seine Vorlage das EuGH-Urteil zu den Unisex-Versicherungstarifen 2011 veranlasst hat.

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