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ee) Rüge der Verletzung der Unionsgrundrechte im Verfassungsbeschwerdeverfahren
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Da das BVerfG im Prinzip in der Regel keine Jurisdiktionsgewalt besitzt, soweit es um das europäische Gemeinschaftsrecht geht, kann bisher im Verfassungsbeschwerdeverfahren die Rüge der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts nicht geprüft werden. Dies hat das BVerfG immer wieder bestätigt:[76]
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„Gemeinschaftsrechtlich begründete Rechte gehören nicht zu den Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten, gegen deren Verletzung nach Art. 93 I Nr. 4a GG, § 90 I BVerfGG mit der Verfassungsbeschwerde vorgegangen werden kann (vgl. BVerfG NVwZ 2004, 597). Ein möglicher Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht ist auch nicht mit der Begründung rügefähig, angesichts des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts könnte es gegebenenfalls schon an einem anwendbaren, den Gesetzesvorbehalt eines Grundrechts ausfüllenden Gesetz und damit an einer Beschränkung der grundrechtlichen Gewährleistung fehlen. Denn für die insoweit maßgebliche Frage der Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Norm des einfachen Rechts mit den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts ist das BVerfG nicht zuständig (BVerfG NJW 1971, 2122 und NVwZ 1990, 53).“
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Die Ausklammerung der Grund- und Menschenrechte auf EU-Ebene bei der Prüfung von Verfassungsbeschwerden vermag jedoch nicht zu überzeugen. Auch wenn das BVerfG – dazu unten – im Prinzip keine Prüfungskompetenz bzgl. der Einhaltung des Unionsrechts durch deutsche Gerichte hat, so sollte es im Rahmen von Verfassungsbeschwerden – wie bei der EMRK[77] – auch die Grund- und Menschenrechte der EU einschließlich der Grundrechtecharta prüfen und sich nicht auf eine Willkürkontrolle beschränken, wie das bisher der Fall ist.[78]