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1. Ausschluss eines Richters

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60§ 18 Abs. 1 BVerfGG schließt den Richter des BVerfG mit unmittelbarer Wirkung von der Ausübung seines Richteramts in einer bestimmten Sache aus. Dies hat zur Konsequenz, dass der ausgeschlossene Richter sich jeder weiteren Tätigkeit in der Sache zu enthalten hat. Entscheidungen, die der jeweils befasste Spruchkörper des BVerfG über den Ausschluss eines Richters ohne dessen Mitwirkung treffen kann, haben nur deklaratorische Bedeutung, sind aber im Interesse der Rechtsklarheit praktisch gleichwohl wichtig.

61Die Ausschlussgründe sind im Rahmen des § 18 BVerfGG so ausgestaltet, dass zunächst in Abs. 1 die beiden Grundtatbestände genannt und sodann in den Absätzen 2 und 3 restriktiv präzisiert werden. Die Rechtsprechungspraxis tendiert dazu, die Bestimmung so auszulegen, dass es nur selten zum Ausschluss von Richtern kommt. Dies ist nicht allein mit dem Ziel der Vermeidung von Beschlussunfähigkeit zu erklären, sondern auch dadurch, dass sich durch den Ausschluss eines Richters die Mehrheitsverhältnisse verschieben können.

62Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG ist ein Richter ausgeschlossen, wenn er an der Sache in eigener Person beteiligt ist oder aber mit einem Beteiligten durch Heirat, Verwandtschaft oder Schwägerschaft in einer besonders engen Beziehung steht. Zur Bedeutung der ausschlussbegründenden Beteiligung legt § 18 Abs. 2 BVerfGG fest, dass eine Beteiligung nicht schon dann vorliegt, wenn der Richter oder seine Beziehungsperson aufgrund des Familienstandes, des Berufs, der Abstammung, der parteipolitischen Zugehörigkeit oder aus ähnlichen allgemeinen Gesichtspunkten am Ausgang des Verfahrens interessiert ist. Ein weitergehendes Verständnis von Beteiligung wäre gerade beim BVerfG problematisch, weil seine Entscheidungen häufig große Bevölkerungsgruppen betreffen, zu denen die Richter oder ihre Beziehungspersonen in sehr vielen Fällen gehören würden. § 18 Abs. 2 BVerfGG verlangt damit zugleich vom Richter des BVerfG, dass er sich von seinen persönlichen Interessen am Ausgang einer Sache, die sich nur aus einem allgemeinen Gesichtspunkt der angesprochenen Art ergeben, frei macht und seine Neutralität bewahrt.

Beispiel: Bei einer Entscheidung über die Vereinbarkeit einer mietrechtlichen Gesetzesbestimmung mit dem Grundgesetz begründet es keine Beteiligung, wenn die allgemeinen Konsequenzen der zu treffenden Entscheidung einen Richter (oder seine Angehörigen) als Mieter oder als Vermieter berühren.

63Der Ausschluss gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG setzt voraus, dass der Richter in derselben Sache bereits von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist. Die Reichweite dieses Ausschlussgrundes ist dadurch begrenzt, dass die frühere Tätigkeit sich auf dieselbe Sache beziehen muss. Damit ist nur eine Tätigkeit in derselben konkreten Rechtsangelegenheit (in streng verfahrensbezogenem Sinne) gemeint, nicht etwa eine frühere Befassung mit demselben Rechtsproblem anlässlich anderer Streitigkeiten oder sonstiger Vorgänge, selbst wenn diese sachlich in engem Zusammenhang |19|mit der Verfassungsbeschwerde stehen (BVerfG [K], NVwZ 2004, 855 [856]).

Hinweis: BVerfGE 133, 163 Rn. 6ff. sieht in der Mitwirkung an der unanfechtbaren Festsetzung einer Missbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG keine Vorbefassung, wenn der Betroffene dann gegen die Festsetzung offensichtlich unzulässige Klagen vor den Verwaltungsgerichten erhoben hat und gegen die ablehnenden Prozessentscheidungen der Verwaltungsgerichte anschließend Verfassungsbeschwerde erhoben wird.

Zusätzlich stellt § 18 Abs. 3 BVerfGG fest, dass die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren (Nr. 1) (→ Rn. 65). sowie die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer für das Verfahren möglicherweise bedeutsamen Rechtsfrage (Nr. 2) nicht als Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG gelten.

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