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1. Eröffnung des „Rechtswegs“
Оглавление97Das BVerfG ist wie jedes andere Gericht nur dann zur Entscheidung befugt, wenn gerade ihm die Entscheidung der Rechtssache gesetzlich übertragen ist. Die Feststellung der Entscheidungskompetenz eines ganz bestimmten Gerichts hängt im Rahmen der komplizierten prozessrechtlichen Regelungen in erster Linie davon ab, in welcher der in Art. 95 Abs. 1 GG vorgesehenen Gerichtsbarkeiten die Rechtssache zu entscheiden ist. Die Zuordnung zu einer dieser fünf Gerichtsbarkeiten wird gemeinhin als Eröffnung des Rechtswegs bezeichnet und dementsprechend als Sachentscheidungsvoraussetzung geprüft. Dies gilt insbesondere dann, wenn die prozessrechtlichen Vorschriften, wie etwa § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, einen Rechtsweg (dort: den Verwaltungsrechtsweg) in einer Generalklausel eröffnen.
98Auf die Verfassungsgerichtsbarkeit (des Bundes und der Länder) passt schon dieser Begriff eines Rechtswegs von mehreren nur bedingt; auch im Grundgesetz wird er für die Verfassungsgerichtsbarkeit jedenfalls nicht einheitlich so verwendet. Zwar genügt die Möglichkeit, ein Verfassungsgericht anzurufen, im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG der allgemeinen (!) Rechtsweggarantie, dagegen sind in Art. 94 Abs. 2 Satz 2 GG bei der Erschöpfung des Rechtsweges (→ Rn. 570ff.) nur die Nicht-Verfassungsgerichte gemeint. Wiederum abweichend meint der in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 letzter Hs. GG als vorrangig angesprochene andere Rechtsweg für die 3. Var. der Bestimmung gerade die Landesverfassungsgerichtsbarkeit (→ Rn. 393).
99Entscheidend gegen eine „Sachentscheidungsvoraussetzung“ der Eröffnung des Rechtswegs zum BVerfG spricht indes eine andere, praktische Erwägung. Die Frage nach einem „Rechtsweg“ zum BVerfG führt für die Zulässigkeit eines bei diesem Gericht angebrachten Antrags keinen Schritt weiter, weil die Entscheidungsbefugnis des BVerfG nicht durch eine generalklauselartige Regelung, etwa für alle verfassungsrechtlichen Streitigkeiten, eröffnet wird, unter deren Voraussetzungen ein zu prüfender Antrag subsumiert werden könnte. Vielmehr ist das BVerfG für eine abschließend festgelegte Reihe einzelner Verfahrensarten (vgl. die Aufzählung in § 13 BVerfGG und dazu → Rn. 4, 108ff.) zur Entscheidung berufen, deren jeweilige Voraussetzungen allein maßgeblich sind. Für eine allgemeine, losgelöst von den besonderen Vorschriften für die einzelnen Verfahrensarten durchzuführende Prüfung der Eröffnung eines „Rechtswegs zum BVerfG“ besteht danach keine Grundlage. Vielmehr ist die Zulässigkeit eines Antrags von vornherein für eine bestimmte, ausdrücklich bezeichnete oder der Sache nach in Betracht kommende Verfahrensart, gegebenenfalls für mehrere, zu prüfen.