Читать книгу Verfassungsprozessrecht - Michael Sachs - Страница 33
2. Verfügungsgrundsatz
Оглавление77Im Hinblick auf den Verfahrensgegenstand folgt das Verfassungsprozessrecht dem Verfügungsgrundsatz (auch: Dispositionsmaxime). Dies wurde bereits daran deutlich, dass ein Verfahren stets nur auf Antrag eingeleitet wird (→ Rn. 71). Dies entspricht dem überkommenen Rechtsgrundsatz „ne eat iudex ex officio“. Der Antrag hat zudem die Bedeutung, den Verfahrensgegenstand abschließend zu bestimmen und damit den möglichen Entscheidungsumfang des BVerfG entsprechend dem überkommenen Rechtsgrundsatz „ne ultra petita“ zu begrenzen. Das Gesetz kennt allerdings insoweit in einzelnen Verfahrensarten begrenzte Ausnahmen, namentlich in § 67 Satz 3, § 78 Satz 2, § 95 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG (→ Rn. 162, 346, 608).
78Nicht abschließend geklärt ist die Geltung der Dispositionsmaxime im Hinblick auf die Beendigung des Verfahrens. Während es in anderen gerichtlichen Verfahren als Ausdruck der Dispositionsmaxime regelmäßig in der Hand der Antragsteller liegt, durch Rücknahme ihres Antrags das Verfahren zu beenden, hält sich das BVerfG die Möglichkeit offen, im Hinblick auf die berührten öffentlichen Interessen seine Verfahren trotz Rücknahme von Anträgen fortzuführen und mit einer Entscheidung abzuschließen.
Beispiel: Um Rechtsklarheit für die Allgemeinheit zu schaffen, hat BVerfGE 98, 218 (242f.) über die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf die Rechtschreibreform entschieden, obwohl sie – nach Durchführung der mündlichen Verhandlung – zurückgenommen worden war.