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39. Liv

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Liv wusste nicht, wie ihr geschah. Sie stand mit Oliver vorm Fahrstuhl und schnupperte wieder sein dezentes, frisches Rasierwasser, obwohl er einen Dreitagebart hatte. Ihre Gedanken purzelten durcheinander. Sie schluckte ein Kichern hinunter. Dieser Wodka! Ihr Blick tastete sich an Olivers Körper entlang und blieb an seinen Augen hängen.

Oliver erwiderte ihren Blick mit seinen anziehenden Lachfalten. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, ließ er erst Frieda eintreten, dann stolperte Liv hinterher.

„Welcher Stock?“, fragte er.

„Was?“

„Auf welcher Etage dein Zimmer ist?“

„Ist eine Suite.“

„Liv, auf welcher Etage ist deine Suite?“

„701.“

„Also in der siebten Etage“, stellte er lachend fest und drückte den richtigen Knopf.

Liv fühlte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Ihr Blick suchte seine Augen. Braun wie dunkle Schokolade. Herrenschokolade. Oliver fasste sie unters Kinn und küsste sie so sanft, dass ihr beinahe die Beine weggesackt wären. Er beobachtete ihre Reaktion und küsste sie erneut. Dabei fuhr er mit der Zunge die Linie ihrer Lippen nach.

„Ein perfekter Kussmund, ich hab’s immer gewusst.“

Er murmelte den Satz, ohne sich in seinem Tun beeinflussen zu lassen. Liv wurde schwindelig, und sie suchte nach Wörtern, die sie sinnvoll aneinanderreihen konnte, um dieser Situation Herr zu werden. Ihr fiel nichts ein, und als seine Zunge tiefer in ihren Mund glitt, tastete sich ihre Zunge vor und erwiderte den Kuss.

Das Pling, mit dem das Ende der Fahrt angekündigt wurde, ließ sie zusammenzucken. Blitzschnell hakte sich Oliver unter und grüßte beim Rausgehen das ältere Paar, das die Kabine betreten wollte, aber sofort zurücksprang, als sie den Dobermann sahen.

Liv schloss die Suite auf, und Frieda rannte voraus zum Wassernapf. Ihre Umhängetasche ließ Liv im dunklen Zimmer auf die Erde gleiten. Wortlos zog Oliver ihr die Jacke aus und das Shirt über den Kopf. Liv bekam eine Gänsehaut, als er sie wieder küsste. Er schob sie rückwärts in Richtung Bett und warf auf dem Weg seinen Pulli in eine Ecke. Seine Brust sah in dem matten Licht wie gemeißelt aus. Liv streichelte darüber. Warme Haut, völlig glatt. Sie fühlte die Matratze in der Kniekehle.

„Ziehst du die Jeans aus?“, murmelte Oliver irgendwo in Höhe ihres Nackens.

Er ging wohl von Zustimmung aus und knöpfte ungeduldig ihre Hose auf. Oliver umarmte sie und ließ die Hände unter der Hose an ihrem Hintern herabgleiten. Er schob die Jeans mit einem Ruck nach unten. Liv kickte sie mit den Füßen weg und legte sich mit Slip und BH auf das Bett. Auf der Seite liegend beobachtete sie Oliver beim Ausziehen. Seine Muskeln am Oberschenkel waren in der Dämmerung zu erkennen, als er auf einem Bein hüpfend mit der Hose kämpfte.

Er ging um das Bett herum und legte sich dicht hinter sie. Er atmete schwer und vergrub seinen Kopf in ihren Haaren. Seine Finger fuhren sanft die Linie ihrer Schulter entlang und wanderten über ihre Hüfte immer weiter nach unten. Jede Stelle, die er wie mit einer Feder streichelte, prickelte. Er umkreiste mit dem Finger ihren Bauchnabel und tastete sich tiefer. Liv schloss die Augen und schwor sich, jede Sekunde zu genießen, egal, was danach kam.

Es dämmerte schon, als Oliver, nur von der Außenwerbung eines Gebäudes gegenüber angeleuchtet, in dem kleinen Kühlschrank nach einer Flasche Wasser griff und sie Liv ans Bett brachte. Ihr war schwindelig und sie hatte Durst. Ob das an der Nacht oder am Wodka lag, konnte sie nicht unterscheiden. Er schmiegte sich wortlos wieder an sie. Er hatte in den letzten Stunden überhaupt nicht viel gesagt. Nur immer wieder ihren Namen gemurmelt.

Nach wenigen Minuten hörte sie sein gleichmäßiges Atmen und fühlte sich noch immer benommen, aber hellwach. Sex hatte sie am Anfang des Abends nun gar nicht erwartet, vor allem nicht in diesem Tempo. Wenn sie an die letzten Stunden dachte, stieg ihr die Röte ins Gesicht. Sie war eindeutig wieder völlig nüchtern.

Der kräftige Arm, der sie von hinten umfasste, fühlte sich beschützend an. Liv konnte sich dennoch nicht entspannen. Wo sollte das alles hinführen? Erst heute hatte sie ihm zum Essen auch gleich noch eine Lüge serviert. Schließlich war sie in Bögershausens Villa gewesen und hatte ihn gesehen. Da kam sie nicht mehr raus. Rachow, sein ach so geschätzter Chef, hatte Bögershausens Tod schon lange als Selbstmord eingestuft und Oliver gebeten, die Ermittlungen abzuschließen. Jetzt konnte sie ihm die Bilder aus Bögershausens Arbeitszimmer nicht mehr zeigen und fragen, wo der Abschiedsbrief gelegen hatte. Dass sie fast sicher war, dass Rachow auch dieses Mal irgendwie ein Teil des Ganzen war, konnte sie ihm erst sagen, wenn sie Beweise hatte. Oliver glaubte bis heute an die Unschuld seines Vorgesetzten. Liv schloss die Augen. Sie war erschöpft wie nach einem Marathonlauf.

Thriller Collection I

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