Читать книгу Thriller Collection I - Penelope Williamson - Страница 60
Montag, 15. April 48. Jeanette
ОглавлениеImmer wieder huschten Jeanettes Augen zu der Uhr am Bildschirm. Hoffentlich kam Alex bald, um sie abzulösen. Ihre Schicht war seit zehn Minuten vorbei, aber ihr neuer Kollege war meist unpünktlich. Die Tagesmutter würde nicht mehr lange warten. Vielleicht hatte sie Emily ja schon ins Bett gebracht.
Jeanette war so froh, dass sie gleich nach der Wiedereröffnung des Hotels die Stelle am Empfang ergattert hatte. Was sie hier verdiente, reichte mit dem Unterhalt für Emily für sie beide aus. Deswegen wollte sie Alex auch nicht verpetzen. Der Job war wichtig, und sie wollte keinen Ärger.
Was war denn da draußen los? Jeanette hörte auf, die Uhr zu fixieren, und beobachtete den Eingang. Zwei Frauen schlichen bereits zum dritten Mal vor der Tür auf und ab, als hätte ein Popstar hier eingecheckt und sie trauten sich nicht, nach einem Autogramm zu fragen. Jeanette beobachtete, wie sie miteinander diskutierten. Beide trugen Taschen bei sich. Sähen die nicht so schäbig aus, würde sie sie für Gäste halten. Junge Stadttouristen stiegen gerne hier in der Nähe des Bahnhofs ab.
Die blonde, jüngere Frau, vielleicht war es sogar die Tochter der anderen, steuerte verhalten die Rezeption an und stand dann vor Jeanette. Das ist keine Frau, dachte Jeanette. Sie ist ja noch ein Kind. Sie schätzte das Mädchen auf maximal fünfzehn Jahre.
„Hallo. Herzlich willkommen im Cityhotel. Was kann ich für Sie tun?“ Jeanette lächelte.
Das Mädchen räusperte sich. „Hallo. Ich suche Liv. Liv wohnt hier, hat sie gesagt.“
Russin? Polin? Der Akzent klang hart und abgehackt. „Liv? Und wie weiter?“
„Micker? Entschuldigung. Ich habe Nachnamen vergessen. Wir sprechen immer mit Vornamen an.“
Jeanette tippte den Vornamen ein und erhielt einen Eintrag: Liv Mika. Achtung! Auf keinen Fall preisgeben, dass sie noch hier wohnt. Polizeiliche Anordnung!
Das Lächeln verschwand wie ausgeschaltet. „Tut mir leid. Wir haben hier keine Frau Liv Micker.“
Tränen traten dem Mädchen in die Augen. „Aber sie muss hier sein. Bitte! Noch mal gucken!“
„Sie ist nicht mehr hier.“ Oh, falsch. Das hätte sie nicht sagen dürfen.
„Sie war hier? Sie ist weg?“
„Ja. Weg. Sie wohnt hier nicht mehr.“
„Wohin ist sie?“
„Darüber geben wir keine Auskunft. Ich weiß es auch nicht. Sie ist weg. Schon gestern. Sie entschuldigen mich?“ Jeanette hatte gesehen, wie Alex draußen sein Rad anschloss, und wollte ihre Sachen packen. Na endlich! Ungeduldig schaute sie das Mädchen an. Die sollte jetzt gehen. Nicht, dass Alex was mitbekam. Sie hätte ihnen nicht sagen dürfen, dass diese Frau hier gewohnt hatte.
Das Mädchen ließ die Schultern hängen und schlich zur Tür. Sie ging zu ihrer Begleiterin und schüttelte den Kopf. Diese schloss das Mädchen tröstend in die Arme. Alex stand mit dem Rücken zu den Frauen und lachte in sein Telefon, während er das Rad anschloss.
Nun haut schon ab! Die beiden nahmen ihre Taschen und gingen. Alex telefonierte noch immer. Jeanette stieß die angehaltene Luft aus. Alles gut gegangen. Feierabend!