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4.5.1 Gefälligkeitsverhältnisse

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Werden im Rahmen freundschaftlicher Beziehungen oder gesellschaftlichen Kontakts Absprachen getroffen, so ist es ein Gebot des Anstands, sich daran zu halten.

Gemeinsames Urlaubsvorhaben; Verabredung zum Tennismatch oder zum Skatabend; Bereitschaft, den Nachbarn im Pkw in die Stadt mitzunehmen.

Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen einer Willenserklärung bzw. eines Schuldverhältnisses ist das Vorliegen des Willens der Beteiligten, sich rechtlich binden zu wollen (Rechtsbindungswille). Wo er fehlt, ist von einem Gefälligkeitsverhältnis auszugehen, wo er vorhanden ist, liegt ein Schuldverhältnis vor. Da der Rechtsbindungswille nicht ausdrücklich formuliert wird, ist er anhand von Indizien zu ermitteln. Solche Indizien, die für oder gegen einen Rechtsbindungswillen sprechen, sind beispielsweise die Art, der Grund oder der Zweck der fraglichen Verabredung, die rechtliche Bedeutung für einen von beiden, die Umstände, unter denen die Verabredung getroffen wird, oder auch der Wert einer anvertrauten Sache.

Die Verabredung zwischen Nachbarn, auf die Wohnung während der Urlaubsabwesenheit des anderen aufzupassen, ist wegen der bedeutenden Werte, die dem Beauftragten anvertraut werden, keine Gefälligkeit, sondern ein Auftragsvertrag nach § 662 BGB.

Eine Einladung zum Abendessen unter Freunden, die der Eingeladene zwar annimmt, aber dann nicht erscheint, ist aufgrund des gesellschaftlichen Hintergrunds infolge fehlender rechtlicher Bedeutung reine Gefälligkeit.

Wer sich bereit erklärt, für einen Nachbarn zwecks schnellerer Beförderung einen wichtigen Brief in einer Terminsache beim Hauptpostamt einzuwerfen, schließt wegen der rechtlichen Bedeutsamkeit für den Auftraggeber wiederum einen Auftragsvertrag nach § 662 BGB.

Liegt mangels Rechtsbindungswillens eine Gefälligkeit vor, so besteht kein Erfüllungsanspruch, weshalb bei Nichterfüllung (Fernbleiben vom verabredeten Tennismatch oder Skatabend, Absage des gemeinsamen Urlaubs, Vergessen der Mitnahme des Nachbarn in die Stadt) regelmäßig auch keine Schadensersatzansprüche aus § 280 BGB gegeben sind, weil es am Tatbestandsmerkmal „Schuldverhältnis“ fehlt. Es ist in solchen Fällen daher jederzeit möglich, ohne rechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, vom Vorhaben wieder einseitig Abstand zu nehmen.

Wer zum Abendessen als Gast nicht erscheint, muss die überflüssigerweise gekochten Speisen im Wege des Schadensersatzes nicht bezahlen.

Es entsteht auch kein Schadensersatzanspruch, wenn der Freund seine Zusage zum gemeinsamen Skatspiel nicht einhält und die bitter enttäuschten Mitspieler sich in ihrer „Not“ bei der Studentenvermittlung einen Ersatzpartner gegen Bezahlung besorgen.

Wer allerdings den ihm zur Wohnungsbeaufsichtigung während des Urlaubs übergebenen Schlüssel verliert und damit einem Finder den Diebstahl von Einrichtungsgegenständen ermöglicht, haftet auf Schadensersatz, weil der Auftragsvertrag ein Schuldverhältnis darstellt.

Wer den wichtigen Brief beim Postamt einzuwerfen vergisst, obwohl er auf die Wichtigkeit ausdrücklich hingewiesen worden ist, begeht aus demselben Grund eine Pflichtverletzung.

In den Grenzbereich zwischen Rechtsbindung und Gefälligkeitsverhältnis fällt das vom Bundesgerichtshof entschiedene Problem des leichtfertigen Teilnehmers einer Lotto-Tippgemeinschaft, der es übernommen hat, für die Freunde jede Woche mit im Voraus festgelegten gleichbleibenden Zahlen die Lottoscheine auszufüllen. Ausgerechnet in der Woche, in der auf diese Zahlen der Hauptgewinn fiel, war er nicht dazu gekommen, die Scheine abzugeben. Der Bundesgerichtshof hat ein Gefälligkeitsverhältnis angenommen und eine Schadensersatzpflicht verneint: Der Mitspieler hätte die Aufgabe nicht übernommen, wenn von vornherein an eine solche Schadensersatzpflicht gedacht worden wäre (fehlender Rechtsbindungswille).

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