Читать книгу Ich hab´s dir ja gesagt - Ralph Caspers - Страница 14

11 Fett schwimmt oben.

Оглавление

Stimmt.

Da träumt man von einem romantischen Abendessen zu zweit – und kaum wird die Suppe serviert, starren einen tausend Augen an. Fettaugen wohlgemerkt. Denn so werden die Kreise genannt, die man zum Beispiel auf Gemüsebrühe schwimmen sieht. Sie sind ein schönes Beispiel für «Fett schwimmt oben», denn wenn es nicht so wäre, würden diese Fettaugen Richtung Tellerboden schauen – und man bliebe romantisch unter sich.

Eltern sagen manchmal «Fett schwimmt oben», wenn sie ausdrücken wollen, dass ihre Kinder auch bei einem Rückschlag nicht so schnell untergehen, sondern genau wie Fett in der Suppe immer wieder hochkommen. (Hin und wieder klingt auch ein leicht verspottender Unterton mit, wenn der Nachwuchs etwas übergewichtig ist.)

Wer gerade kein romantisches Dinner geplant hat, kann trotzdem Fett oben schwimmen sehen. Der Aufwand für diesen kleinen Versuch ist außerdem auch viel geringer als für ein Abendessen, denn man braucht nur ein Glas, einen Löffel, etwas Wasser, Speiseöl – und keinen Partner. Sagte ich gerade Öl? Reden wir nicht die ganze Zeit von Fett? Das hat alles seine Richtigkeit: Fette und Öle sind chemisch gesehen dasselbe. Beide bestehen aus Glyzerin und drei Fettsäuren. Daher sagt der Kenner auch Triglyceride – «Tri» bedeutet «drei» und «-glyceride» steht für das Glyzerin, mit dem die Fettsäuren verbunden sind. Der Unterschied zwischen Ölen und Fetten ist einfach nur der, dass man Triglyceride, die bei Zimmertemperatur fest sind, «Fette» nennt.

Aber zurück zu dem Versuch. In das Glas – je größer, desto besser – wird zuerst das Speiseöl gekippt. Dann kommt das Wasser dazu. Öl und Wasser werden mit dem Löffel schön verrührt. Im besten Fall sieht man jetzt ganz viele kleine Ölbläschen im Wasser schwimmen. Nun heißt es warten.

Es dauert gar nicht lange, und die Ölbläschen finden einander, verschmelzen und werden größer und größer. Ehe man «Exxon Valdez Amoco Cadiz Atlantic Empress Agean Captain» sagen kann, liegt auf dem Wasser im Glas ein Ölteppich. Der Versuch lässt sich beliebig oft wiederholen – umrühren, warten, und am Ende schwimmt eine Ölschicht auf dem Wasser. Das macht sie, weil Öl leichter ist als Wasser. Oder besser gesagt: Öl hat eine geringere Dichte als Wasser. Ach, wenn nur meine Kollegin Shary hier wäre! Dann könnte ich ihr für eine Erklärung einfach dieses Wort an den Kopf werfen: «Dichte!»

Und sie würde antworten:

«Masse durch Volumen

oder auch Gewicht durch Raum

heißt im Fall von Blumen,

sie sind schwerer als ein Baum.»

Und ich würde maulen: «Nein, ich meinte ‹Dichte› als physikalische Größe, nicht als Imperativ.»

Und sie würde erwidern: «Sag ich doch.»

Physikalisch gesehen bedeutet Dichte, dass ein Kilogramm Öl mehr Platz braucht als ein Kilogramm Wasser. Deshalb schwimmt Öl auf Wasser. Genau wie ein Stück Holz, das auch eine geringere Dichte als Wasser hat. Und genau wie Holz mischt sich auch Öl nicht mit Wasser. Deshalb bleiben die beiden Flüssigkeiten lieber unter sich und trennen sich nach einiger Zeit wieder.

Wer jetzt noch ein bisschen Salz in der Küche findet, kann sich seine eigene einfache Lavalampe basteln: einfach ein bisschen Salz oben in das Öl schütten und staunen, was passiert. Salz ist schwerer als Wasser – und damit natürlich auch als Öl. Deshalb sinkt es nach unten auf den Boden. Auf dem Weg dahin nimmt das Salz ein bisschen Öl mit. Wenn das Salz unten im Wasser angekommen ist, löst es sich auf, der Tropfen Öl kommt frei und steigt wieder nach oben. Jetzt kann man wieder etwas Salz ins Öl streuen, und das Spiel beginnt von vorne.

Bleibt noch die Frage zu klären, ob dicke Kinder auch immer oben schwimmen und sich daher den Schwimmkurs sparen können. Die Antwort darauf lautet: ja und nein.

Nein, sie können sich den Schwimmkurs nicht sparen, weil es nie verkehrt ist, schwimmen zu können. Denn selbst die dicksten Menschen können untergehen und ertrinken. Sie können auch mit dem Kopf nach unten und den Füßen nach himmelwärts oben schwimmen. Regel eingehalten, aber trotzdem ertrunken. Hat man mal einen Schwimmkurs gemacht, hilft das ungemein.

Und ja, es ist für dicke Menschen tatsächlich einfacher, «Toter Mann» zu machen, als für Hungerhaken, die nur aus Haut und Knochen bestehen.

Mit «Toter Mann» meine ich das ruhige Dahintreiben auf der Wasseroberfläche, ohne dass man irgendwelche Schwimmbewegungen macht. Das funktioniert nur, wenn man sich so groß macht, wie es nur geht – also Arme und Beine von sich streckt und tief einatmet. Dadurch vergrößert man das Volumen des eigenen Körpers, das heißt, man nimmt mehr Raum ein. Und je mehr Raum man einnimmt, desto mehr Wasser verdrängt man. Und je mehr Wasser man verdrängt, desto eher schwimmt man. Das kann man sich ganz einfach vorstellen: Wenn man aus Knetmasse eine Kugel formt und die ins Wasser legt, geht sie unter. Wenn man aus derselben Knetkugel ein kleines Boot formt und das ins Wasser legt, dann geht es nicht unter, sondern schwimmt auf der Oberfläche – obwohl sich das Gewicht nicht verändert hat. Was sich verändert hat, ist das Volumen. Das Knetboot braucht viel mehr Platz – und verdrängt viel mehr Wasser – als vorher die Knetkugel. Wenn man messen würde, wie viel das vom Knetboot verdrängte Wasser wiegt, dann würde man feststellen: Es ist schwerer als das Knetboot. (Bei der Knetkugel ist es umgekehrt. Das von der Kugel verdrängte Wasser würde weniger auf die Waage bringen als die Kugel.) Also: Ein Körper oder Gegenstand schwimmt auf der Wasseroberfläche, wenn seine Masse kleiner ist als die Masse des von ihm verdrängten Wassers.

Das gilt auch für uns Menschen. Wenn ich mich zu einer Kugel rolle, dann verdränge ich weniger Wasser, als wenn ich mich ganz groß mache und tief einatme. Fettgewebe hat eine geringere Dichte als zum Beispiel Muskeln – das heißt, ein Kilogramm Fett braucht mehr Raum als ein Kilogramm Muskeln. Dicke Menschen verdrängen deshalb im Verhältnis mehr Wasser als dünne Menschen – und können deshalb auch leichter «Toter Mann» machen.

Da kommt einem natürlich sofort auch die alte Redewendung in den Sinn: «Er schwimmt wie ein Fettauge obendrüber.» Das heißt nichts anderes als «Er gehört zu den Begünstigten». Und das ist man doch irgendwie immer gerne.

Ich hab´s dir ja gesagt

Подняться наверх