Читать книгу Ich hab´s dir ja gesagt - Ralph Caspers - Страница 4

1 Ich hab's dir ja gesagt!

Оглавление

Stimmt. Meistens.

Eine der wichtigsten Aufgaben, die Eltern haben, ist: Regeln aufstellen. Eine der wichtigsten Aufgaben, die Kinder haben, ist: nicht darauf hören. Im Lauf der Evolution hat wohl kein Geschöpf der Welt die Hier-rein-da-raus-Strategie so perfektioniert wie Kinder. Was prasselt da nicht auf einen jungen Menschen ein: Im Schwimmbad nicht rennen! Immer die Schnürsenkel zubinden! Nicht auf Bonbons beißen! Nimm die Hände aus den Taschen! Im Auto nicht lesen, sonst wird dir schlecht! Es endet meistens im Zahnarzt-Wartezimmer, wo man mit verstauchten Handgelenken und vollgekotzter Hose darauf wartet, dass die rausgebrochenen Füllungen ausgebessert werden, während die Eltern einem zuraunen: «Ich hab’s dir ja gesagt!»

Das stimmt fast immer. Die Eltern haben es gesagt. Tausendmal. Aber junge Menschen hören gewisse Dinge einfach nicht. Versunken in ihr Tun, in das Spiel oder eine faszinierende Tätigkeit (beispielsweise auf dem Sofa liegen, Musik hören und SMS schreiben), umgibt sie eine Art unsichtbare Schutzhülle. Die schirmt sie ab vor Störungen wie «Nach dem Klo und vor dem Essen: Hände waschen nicht vergessen!» oder «Keine toten Tiere anfassen!». Dieses Ausblenden der Wirklichkeit ist sogar wichtig für die Entwicklung, haben Erziehungswissenschaftler festgestellt. Wie soll man sonst in Ruhe heranreifen?

Es ist für Eltern natürlich lästig, ihre guten Ratschläge tausendmal ablassen zu müssen. Das kann man verstehen, da sollte man Mitleid haben. So ist es dann kein Wunder, dass manchmal auch eine abwertende Hochnäsigkeit in dem Spruch steckt. Gedanklich gefolgt von einem: «Du wolltest ja nicht auf mich hören. Selbst schuld.» Da liegt man am Boden, weil man mal nicht auf seine Eltern gehört hat, und dann wird auch noch nachgetreten. Beim Fußball wäre das grob unsportliches Verhalten.

Wie soll man da reagieren? Man kann seinen Eltern ja schlecht die Rote Karte zeigen. Ist das Kind schon in den Brunnen gefallen und die Eltern rufen ihren Satz hinunter, dann nimmt ein einfaches «Stimmt!» den Wind aus den elterlichen Segeln. Wenn man sich abenteuerlustig fühlt, kann man noch ein «Manche Erfahrungen muss ich eben selbst machen» hinterherschieben. Und auch ein wagemutiges «Entwicklungspsychologisch gesehen sind Lernprozesse ohne eigene Erfahrungen ja so gut wie ausgeschlossen» sollte die Eltern kurz innehalten lassen. Wenn man dann noch ein lässiges «Ich sag nur: Primärerfahrung» folgen lässt, ist sicher schnell Schluss mit der elterlichen Besserwisserei.

Dann halten einem Eltern nicht immer vor, dass einem durch das viele Fernsehen und Computerspielen (die berühmtesten Sekundärerfahrungen) wichtige direkte Erfahrungen aus erster Hand (das sind die Primärerfahrungen) fehlen. Natürlich weiß man aus Computerspielen, dass man großen Affen, die mit Tonnen um sich werfen, besser aus dem Weg geht. Aber richtig begreifen tut man es erst, wenn man dem Schulrowdy gegenübersteht, der sich mit beiden Fäusten rhythmisch gegen die Brust klopfend zum Angriff bereit macht. (Das ist übrigens eine Primärerfahrung, auf die ich gerne verzichtet hätte. Und auf das blaue Auge auch.)

Im täglichen Kampf der Generationen (Uh, wie reißerisch!) ist dieses Buch – genau wie sein Vorgänger «Scheiße sagt man nicht!» – hoffentlich eine willkommene Inspiration für Eltern und eine hilfreiche Argumentationshilfe für Kinder. Damit man in allen Situationen, in denen man kurz vor oder nach dem Sammeln einer wichtigen Erfahrung noch einen Spruch von seinen Eltern reingewürgt bekommt, fundiert und auf den Punkt antworten kann. Entweder, wie falsch die Eltern liegen – oder um allwissend mit den tatsächlichen Fakten zum Spruch zu überraschen. (Nach dem Motto: «Und wusstest du eigentlich, dass ...»)

In diesem Sinne wünschen wir viele schöne Stunden mit diesen Elternsprüchen zum Nachtreten und Nachschlagen.

Ich hab´s dir ja gesagt

Подняться наверх