Читать книгу Ich hab´s dir ja gesagt - Ralph Caspers - Страница 16

13 Mach den Mund zu,
sonst kommen Fliegen rein.

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Stimmt nicht ganz.

Wenn man baff ist, dann klappt einem vor Verwunderung der Kiefer runter, und man steht mit offenem Mund da. Behält man diesen verdutzten Gesichtsausdruck für längere Zeit bei, sieht das nicht immer vorteilhaft aus. Vor allem, wenn dann auch noch die Spucke anfängt, aus den Mundwinkeln zu rinnen, vermittelt man den Eindruck, weder Herr der Lage noch Herr seines eigenen Körpers zu sein. Eltern wollen meistens nicht, dass ihre Kinder allzu lange doof aus der Wäsche gucken. Das fällt ja auch immer wieder auf den Rest der Familie zurück: mangelnde Erziehung, mangelnde Bildung, mangelnde Körperbeherrschung. Deshalb der Spruch, dann bleibt wenigstens der Schein gewahrt.

Der Ursprung des Spruchs kann natürlich auch ganz woanders liegen. Alle, die hin und wieder durch ländliche Gegenden joggen oder mit dem Fahrrad durchradeln, haben das sicherlich schon selbst erlebt: Wenn man vor lauter Anstrengung nicht mehr ausreichend Luft durch die Nase bekommt und mit der Mundatmung beginnt, dann saugt man sich über kurz oder lang, vor allem, wenn man an einem Misthaufen vorbeiläuft oder über Felder rennt, ein kleines Insekt in den Rachen. Meistens reagiert der Körper ganz automatisch mit einer Hustenattacke, die das Insekt wieder raus in die freie Natur befördert, oder mit einem Schluckreflex, der das Insekt direkt in den Magen transportiert. Das bedeutet für das Tier den sicheren Tod – man selbst hat wenig zu befürchten. Es sei denn, das Insekt war eine Biene oder eine Wespe. Die haben die Angewohnheit zu stechen, wenn sie sich bedroht fühlen. Ein Stich in den Mund kann sehr gefährlich werden. Im schlimmsten Fall schwillt der ganze Rachenraum oder die Zunge an, und man bekommt keine Luft mehr. Ohne Luftröhrenschnitt kann man dann ersticken. Deshalb sollte man immer einen Arzt aufsuchen, wenn man in den Mund gestochen worden ist. Sicher ist sicher. Bei allen anderen Insekten gilt: Guten Appetit! Insekten sind sehr reich an Proteinen und Aminosäuren, beides wichtige Bestandteile unserer Nahrung. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass Entomophagie – also das Verspeisen von Insekten – auf der Welt relativ weit verbreitet ist. Hierzulande und in anderen westlichen Kulturen ist die Vorstellung, Insekten zu essen, für die meisten Menschen allerdings alles andere als eine appetitanregende Angelegenheit.

Und wo ich gerade von Ekel schreibe – ganz selten kommt es vor, dass Fliegen völlig freiwillig in einen Mund reinfliegen. So geschehen bei einem älteren Mann, der ein Mittagsschläfchen unter einem Baum machte. Wahrscheinlich mit offenem Mund. Jedenfalls liegt vor mir ein Foto seiner Zähne. An den Stellen, wo das Zahnfleisch die Zähne umfasst, sieht man viele kleine, weiße Fliegenlarven. Die hat eine Fleischfliege dort abgelegt, weil sie dachte, dass diese Mundhöhle der ideale Brutplatz für ihre Nachkommen sei. Normalerweise wachsen die Larven der Fleischfliegen in Kot oder Aas auf. Ich weiß nicht, welche Rückschlüsse man jetzt auf den Zustand der Zähne oder die Intensität des Mundgeruchs ziehen kann – klar ist aber, dass bei dem älteren Herrn auf diesem Foto der Elternspruch «Mund zu, sonst kommen Fliegen rein.» ganz klar seine Berechtigung gehabt hätte.

Trotz allem: Auch wenn es Fälle gibt, in denen Fliegen in offene Münder fliegen, so ist es doch meistens völlig ungefährlich, den Mund offen stehen zu lassen.

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