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Zum Beispiel in Mexiko. Ich war in Urlaub, die Pyramiden der Mayas und Azteken hatte ich bereits hinter mir und wollte noch ein paar Tage am Strand verbringen. Dort wurde es schnell langweilig. Also suchte ich ein neues Ziel. Ein Blick auf die Karte und ich wurde fündig. In der Nähe gab es einen Berg, er hatte einen skurrilen Namen: Popocatepetl. Das klang gut, ich mietete einen Wagen und machte mich auf den Weg.

Schon bald sah ich in der Ferne ein mächtiges Massiv. Das musste der Berg sein. Die Straße führte relativ weit nach oben, mündete dann in eine staubige Piste, kaum breiter als der Wagen.

Vor einer alten Holzhütte war sie zu Ende. Hier war ein bescheidenes Quartier für Bergsteiger. Als ich das kleine Haus betrat, stellte ich fest, dass der Raum fast leer war. Nur ein etwas verloren aussehender Wanderer saß im Eck, der bald darauf verschwand. Auch nächsten Morgen sah ich ihn nicht wieder.

Als ich nach Sonnenaufgang vor der Hütte stand und zum Gipfel hochsah, lag dieser noch in den Wolken. Mir fiel ein, dass ich mich um mögliche Aufstiegsrouten nicht gekümmert hatte. Die Exkursion war ein spontaner Entschluss, ich wollte einfach hoch, irgendwie. Das war naiv, wie ich schnell feststellen musste.

Da ich mich nicht auskannte und nichts markiert war, blieb mir nur der direkte Aufstieg. Der war mühsam und wurde mit jedem Schritt mühsamer. Schon nach kurzer Zeit war der schmale Weg nach oben, dem ich gefolgt war, zu Ende. Nun stand ich vor einem gewaltigen Steilhang aus Lavasand. Konnte man hier weitergehen? Musste man hochsteigen? Es gab keine Alternative.

Was das bedeutete, erfuhr ich schnell. Da es steil nach oben ging, sanken meine Füße ständig ein. Kaum hatte ich zwei Meter geschafft, rutschte ich wieder einen zurück. Jeder Schritt wurde zur Qual. Die Augen starr auf den schwarzen Sand dicht vor mir fixiert, kämpfte ich mich langsam nach oben, Meter für Meter. Vor Anstrengung kam ich nur selten auf die Idee, meinen Blick in die Weite oder ins Tal schweifen zu lassen. Längst keuchte ich bei jeder Bewegung, das Blut pochte in den Schläfen, das ständige Abrutschen der Füße zerrte an meinen Nerven. Zudem musste ich ständig subversive Gedanken verscheuchen: Warum mache ich das überhaupt? Weshalb segle ich jetzt nicht auf dem Surfbrett über den Pazifik? Fragen ohne Antworten. Mein Körper besteht nur noch aus einer einzigen Wahrnehmung: Füße, die im Lavasand versinken.

Wie gut oder schlecht ich vorankomme, kann ich kaum feststellen, denn es gibt keine Konturen, das Bergmassiv sieht überall gleich aus: keine Vegetation, nur Lava.

Stunden später stehe ich oben am Kraterrand. Allein. Es ist angenehm warm, der Blick in die Ferne verliert sich in Wolkenschleiern. Nur das Rauschen des Windes ist ein Indiz dafür, dass ich mich auf dem Gipfel eines gewaltigen Vulkankegels befinde. Hundert Meter unter mir, im Inneren des Kraters, glänzt ein gelbgrüner See. Es ist still, alles ist friedlich.

Ich kann mir schwer vorstellen, dass dieser Berg, auf dem ich stehe, im Inneren lebendig ist. Eines Tages würden seine Gedärme wieder grollen und dieser in sich ruhende Teich würde Lava ausspucken. Vielleicht nur kurz, vielleicht tagelang. Gewaltige Rauchsäulen würden den Himmel verdunkeln, glühende Lavaströme würden sich ins Tal walzen und die Gegend verwüsten. Das Ereignis würde von der Weltpresse dokumentiert werden und in die Geschichtsbücher eingehen. Doch heute schlummert der Vulkan. Vielleicht döst er vor sich hin, was ich ihm nicht übel nehme.

Eine Weile bleibe ich auf dem Krater sitzen. Mir ist klar, ich bin an einem ganz besonderen Platz, ein Privileg. Kann ich etwas von der im Inneren verborgenen Energie des Bergs erahnen? Ich schließe die Augen. Spüre ich unter meinen Füssen vielleicht ein zartes Beben? Brodeln da unten im Wasser giftige Blasen? Nein. Keine Autosuggestion, keine falsche Romantik.

Mit frischer Energie stehe ich auf und mache mich auf den Rückweg. Von Weg kann allerdings auch jetzt keine Rede sein. Wieder stapfe ich über den Lavasand, steil nach unten. Manchmal kann ich auf dem Rücken ein paar Meter in die Tiefe rutschen, aber da schieben sich dann immer der Sand und winzige Steine in Hemd und Hose.

Nach ein paar Stunden erreiche ich die Hütte. Wieder im Wagen zu sitzen ist ein gutes Gefühl. Beschwingt fahre ich zurück an den Strand. Ein kurzer Ausflug, eine intensive Erfahrung. Allerdings erfuhr ich später von Bergsteigern, dass mein Unternehmen nicht klug war. Nur der schnelle Auf- und Abstieg hätte mich vor der berüchtigten Höhenkrankheit bewahrt, zumal ich auf Meereshöhe gestartet bin. Der Popocatepetl ist fünftausendvierhundert Meter hoch.

Odyssee eines Unvernünftigen

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