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5. Schriftliches Verfahren – Vorbereitung der mündlichen Verhandlung

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Üblicherweise findet vor dem EGMR nur ein schriftliches Verfahren statt, in dessen Verlauf sich die Parteien mit Schriftsätzen innerhalb bestimmter Fristen zur Sache äußern können (zu den Fristen siehe schon oben Rn. 288 ff). Nach Zulassung der Beschwerde kann die Kammer

falls erforderlich, selbst oder durch eine Delegation beauftragter Mitglieder der Kammer oder andere Richter des Gerichtshofs Ermittlungen und Untersuchungen[91] vornehmen (Art. 38 EMRK; Rules A1-A8), die der Verteidiger gegebenenfalls auch anregen sollte, oder
die Parteien auffordern, weitere Beweismittel vorzulegen und schriftliche Stellungnahmen abzugeben (Rule 59 Abs. 1).

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Ab diesem Zeitpunkt können die Verfahrensbeteiligten auch von sich aus (weitere) Erklärungen zur Begründetheit der Beschwerde bzw. Stellungnahmen zu Einlassungen der Gegenseite abgeben (Rule 59 Abs. 2).

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Für die Behandlung und Prüfung der Beschwerde gilt grundsätzlich der Untersuchungsgrundsatz. Nach der Registrierung der Beschwerde betreibt der Gerichtshof das Verfahren also von Amts wegen und ist an Erklärungen, Anträge oder Anregungen der Beteiligten nicht gebunden. Der beklagte Vertragsstaat hat die Pflicht, die Durchführung der Ermittlungen zu erleichtern und zu fördern (duty to cooperate; Art. 38 EMRK; Rule 44A), insbesondere wenn sie auf seinem Territorium stattfinden (Rule A2 Abs. 2; bei Zeugenvernehmung durch eine Delegation: Rule A5 Abs. 4 u. 5). Eine mangelhafte Kooperation bedeutet zwar nicht automatisch eine Verletzung des Bf. in dem gerügten Recht aus dem Ersten Abschnitt der EMRK, wohl aber einen eigenständigen Konventionsverstoß, den der Gerichtshof auch ausdrücklich im Urteil feststellen kann.[92] In einigen Fällen hat der Gerichtshof außerdem aus einer mangelhaften staatlichen Kooperation Rückschlüsse auf Tatsachen für das Vorliegen einer Menschenrechtsverletzung gezogen.[93] Schon aus diesem Grund sollte auf eine Weigerung des betroffenen Vertragsstaates zur Vorlage in seinem Besitz befindlicher Dokumente etc. ausdrücklich hingewiesen werden.

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Andererseits trifft auch den Bf. eine Pflicht, die Behandlung der Beschwerde durch den Gerichtshof effektiv zu fördern (Rule 44A). So kann die Kammer aus der Nichtvorlage von Beweismitteln oder sonstigem entscheidungserheblichem Material negative Schlüsse ziehen (Rule 44C Abs. 1).

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Die allgemeinen formalen Anforderungen an schriftliche Erklärungen gegenüber dem Gerichtshof (PD-W) gelten auch für solche Schriftsätze, die bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingehen, nachdem dieser die Beschwerde für zulässig erklärt hat (Rn. 303). Siehe insoweit bereits Rn. 279 ff.

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Bevor die Beschwerde dem betreffenden Vertragsstaat mitgeteilt worden ist (Rule 54 Abs. 2 lit. b), muss der Bf. nicht notwendig die Amtssprachen (Englisch, Französisch) benutzen. Vielmehr kann er auch in einer der Amtssprachen eines Vertragsstaats kommunizieren (Rule 34 Abs. 1).

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Nachdem die Beschwerde dem betreffenden Vertragsstaat mitgeteilt worden ist, muss die Kommunikation mit dem Gerichtshof allerdings grundsätzlich in einer seiner beiden Amtssprachen geführt werden (Rule 34 Abs. 2). Das gilt insbesondere für Schriftsätze in Vorbereitung der späteren mündlichen Verhandlung. Der Kammerpräsident kann jedoch ausnahmsweise den weiteren Gebrauch der in der Beschwerdeschrift verwendeten (oder einer anderen) Sprache gestatten (Rule 34 Abs. 3 lit. a), wenn es sich dabei um die Sprache eines Vertragsstaates handelt. Für die notwendige Übersetzung von Schriftsätzen und mündlichen Erklärungen sorgt dann die Kanzlei. Der Gebrauch einer anderen Sprache kann davon abhängig gemacht werden, dass der Bf. (teilweise) die für die Übersetzung anfallenden Kosten trägt (Rule 34 Abs. 3 lit. b, c). Diesbezüglich sollte eine frühzeitige Absprache mit dem Kammerpräsidenten erfolgen.

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Die Kommunikation des Gerichtshofs mit dem Vertragsstaat und Drittbeteiligten sowie die Einreichung von Schriftsätzen von Vertragsparteien oder Drittbeteiligten erfolgen grundsätzlich in einer der beiden Amtssprachen des Gerichtshofs (Rule 34 Abs. 4 lit. a). Der Kammerpräsident kann allerdings auch hier den Gebrauch einer anderen Sprache genehmigen. In diesem Fall muss die Vertragspartei für die Übersetzung ihrer schriftlichen Stellungnahmen in die englische oder französische Sprache sorgen bzw. – soweit die Übersetzungen durch die Kanzlei veranlasst werden – die hierfür anfallenden Kosten tragen. Gleiches gilt für die Übersetzung der Erklärungen in der mündlichen Verhandlung (Rule 34 Abs. 4 lit. b). Dasselbe gilt für Drittbeteiligte.

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Der Bf. hat demzufolge keinen Anspruch darauf, dass der beklagte Vertragsstaat seine Stellungnahmen und Erklärungen in einer seiner Amtssprachen, geschweige denn in der vom Bf. in der Beschwerdeschrift gewählten Sprache abgibt. Selbst der Gerichtshof kann die beklagte Vertragspartei lediglich bitten (invite), eine Übersetzung ihrer schriftlichen Stellungnahmen in einer ihrer Amtssprachen vorzulegen, um dem Bf. das Verständnis dieser Stellungnahmen zu erleichtern (Rule 34 Abs. 5). Einfordern kann der Bf. – gegenüber dem Gerichtshof, der sich dann an den Staatenvertreter wendet – allerdings nur die Übersetzung sämtlicher (mündlicher und schriftlicher) Erklärungen des Vertragsstaates ins Englische oder Französische.[94] Selbst auf die Festlegung einer der beiden Amtssprachen für die Kommunikation mit dem Gerichtshof hat der Bf. keinen Anspruch. Falls er nur in einer der beiden Amtssprachen über ausreichende Kenntnisse verfügt, so sollte der Bf. dies gegenüber der Kanzlei anzeigen, die diesem Umstand nach Möglichkeit Rechnung tragen wird.

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