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VIII. Die Unschuldsvermutung und der Grundsatz „in dubio pro reo“
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Der Grundsatz in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten – hat zwei Bedeutungen: Nur der schuldige Angeklagte soll bestraft werden (Schuldgrundsatz), und ferner soll die Schuld dem Angeklagten in einem prozessordnungsgemäßen Verfahren nachgewiesen werden (Rechtsstaatsgrundsatz, Art. 20 III GG). Er hat damit sowohl materiell-rechtlichen als auch prozessualen Charakter. Als Rechtsgrundlage wird vielfach auf die in Art. 6 II EMRK enthaltene Unschuldsvermutung sowie auf § 261 StPO verwiesen, obwohl der in-dubio-pro-reo-Grundsatz in diesen Bestimmungen nicht unmittelbar erwähnt ist[15]. Das Gericht muss nach § 261 StPO im Falle der Verurteilung von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein. Im Zweifel muss freigesprochen werden. Der Zweifelssatz darf jedoch nicht dahingehend aufgefasst werden, dass immer dann freigesprochen werden muss, wenn das Gericht objektiv an der Schuld des Täters hätte Zweifel hegen müssen. Freizusprechen ist der Angeklagte nur dann, wenn das Prozessgericht die entsprechenden Zweifel auch tatsächlich hatte (s. dazu Rn 754). Der Zweifelssatz bezieht sich auch auf die für die Strafzumessung relevanten Umstände[16].
Jenseits der Schuld- und Straffrage ist der Anwendungsbereich des in-dubio-pro-reo-Grundsatzes im Strafprozessrecht umstritten:
Auf Prozessvoraussetzungen ist er grundsätzlich anwendbar (dazu ausf. Rn 426 ff). Bei sonstigen Verfahrensfehlern findet der Zweifelssatz nach hA jedoch keine Anwendung[17] (s. auch Rn 179, 218, 285).
§ 2 Die Prozessmaximen › IX. Das Beschleunigungsgebot, Art. 20 III GG, Art. 6 I EMRK