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XIII. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art. 103 I GG

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Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 I GG. Inhalt dieses Anspruchs ist es, dass dem Betroffenen Gelegenheit gegeben werden muss, sich dem Gericht gegenüber zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen zu äußern, Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen, und dass das Gericht seine Ausführungen zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss[49]. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs hat in einer Reihe von Vorschriften der StPO seine Ausgestaltung gefunden: So gebührt zB dem Angeklagten stets das letzte Wort, § 258 II StPO, und dem Verurteilten steht in Form der sog. Anhörungsrüge ein besonderer Rechtsbehelf gegen rechtskräftige Entscheidungen zur Verfügung, wenn in der Revisionsinstanz das rechtliche Gehör verletzt wurde, § 356a StPO[50] (als weitere Fälle s. ua §§ 33, 33a, 115, 136, 163a I, 201, 243 V, 257, 265 StPO); dazu Rn 184, 481.

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Lösung Fall 4 (Rn 42): Die Antwort ergibt sich aus der Auflistung in Rn 45.

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Lösung Fall 5 (Rn 43): Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen A steht nicht im Belieben der Ehefrau E. Die Polizei ist dazu verpflichtet, ihr Wissen an die zuständige StA weiterzuleiten (§ 163 StPO). Diese muss (Legalitätsprinzip) die Straftat (versuchter Mord/Totschlag) verfolgen (§ 152 II StPO); Einzelheiten s. Rn 47.

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Lösung Fall 6 (Rn 44):

a) A weiß nunmehr seit 12 Jahren (1997–2009) von dem gegen ihn laufenden Verfahren. Angesichts des Umstandes, dass das Gericht einen schweren Schuldvorwurf sowieso verneint, liegt hier ein eklatanter Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot (Art. 20 III GG) vor. Nach der aktuellen Rspr ist die Kompensation einer überlangen Verfahrensdauer grundsätzlich nur im Sinne der Vollstreckungslösung vorzunehmen. Ausnahmsweise kann die Fortsetzung des Verfahrens in Extremfällen aus Rechtsstaatsgrundsätzen jedoch gänzlich unzulässig sein. In einem parallelen Fall sah das LG zu Recht diese Grenze als erreicht an und war der Ansicht, es müsse das Verfahren einstellen. Der BGH (BGHSt 46, 159) hat diese Lösung für ganz außergewöhnliche Sonderfälle gebilligt (zur prozessualen Umsetzung der Einstellung s. Rn 443, 449 ff). Einzelheiten s. Rn 56.

b) A kann – nach Abschluss des Strafverfahrens (vgl § 201 III 2 GVG) – in einem gesonderten Zivilprozess vor dem OLG (§ 201 I GVG) eine Entschädigungsklage anstrengen und für jedes Jahr der Verzögerung (- die nicht identisch ist mit der Verfahrensdauer! –) grundsätzlich 1200 € Entschädigung für erlittene immaterielle Nachteile geltend machen (§ 198 I, II GVG). Das OLG könnte angesicht der vorliegenden besonders langen Prozessdauer von über zehn Jahren auch von einem höheren Wert ausgehen, § 198 II 4 GVG, zB – in Anlehnung an die Rechtsprechung des EGMR – von 1500 € jährlich. Im Fall eines Freispruchs ist keine ausreichende Wiedergutmachung auf andere Weise (§ 199 III GVG) denkbar, da das Strafgericht die unangemessene Dauer des Verfahrens nicht im Rahmen der Vollstreckungslösung berücksichtigen kann (s. Fall 6a) und eine bloße Feststellung der Verzögerung im freisprechenden Urteil in einem derart eklatanten Fall überlanger Verfahrensdauer zur Kompensation nicht ausreichen dürfte. Voraussetzung der Entstehung des Entschädigungsanspruchs ist allerdings eine Rüge der Verzögerung im Strafverfahren (§ 198 III GVG). Wenn A sich die spätere Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs offen halten will, muss er (zB vertreten durch B) im laufenden Verfahren eine Verzögerungsrüge (§ 198 III GVG) erheben. Einzelheiten s. Rn 57.

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