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a) Leichtfertige Steuerverkürzung, § 378 AO

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Die Bußgeldvorschrift des § 378 Abs. 1 AO knüpft explizit an den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung gem. § 370 AO an, wobei der Täterkreis auf den Steuerpflichtigen selbst oder auf denjenigen beschränkt ist, der die (steuerlichen) Angelegenheiten des Steuerpflichtigen wahrnimmt. § 378 AO wird als Auffangtatbestand zu § 370 AO aufgefasst, wenn vorsätzliches Handeln nicht festgestellt werden kann.[2] Mangels einer Regelung zum Versuch i.S.v. § 13 Abs. 2 OWiG kommt die Ahndung einer bloß versuchten Ordnungswidrigkeit nicht in Betracht.

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Leichtfertig handelt nach der Rechtsprechung des BGH, „wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Einzelfalles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm aufdrängen musste, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird“.[3] Erforderlich ist somit eine an Vorsatz grenzende grobe Fahrlässigkeit.[4] Letztlich wird die Feststellung einer leichtfertigen Begehungsweise – unter Berücksichtigung des Gesamtverhaltens des Täters – stets Tatfrage sein und sich u.a. an folgenden Kriterien orientieren:

Einsichtsfähigkeit und Kenntnisse des konkreten Täters (z.B. bei Hinweisen der Finanzbehörden anlässlich früherer Betriebsprüfungen).
Besondere Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit.[5]
Verstoß gegen sich aufdrängende Informations- und Erkundigungspflichten, insbes. bei gewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit des Steuerfplichtigen.[6]
Verstoß gegen die Einholung einer qualifizierten Rechtsberatung bei sich aufdrängenden rechtlichen Zweifeln.[7]
Unterlassen jeglicher (Plausibilitäts-)Prüfung der von einem Steuerberater erstellten Erklärung oder Anmeldung.[8]
Hohe Diskrepanz zwischen tatsächlichen und erklärten Einkünften.[9]

Obwohl es für die Feststellung der Leichtfertigkeit auf das Verständnis des konkreten Täters und gerade nicht auf den objektivierten Horizont eines durchschnittlichen Steuerpflichtigen ankommt, können sich Indizien aus einem Vergleich mit dem Verhalten anderer Steuerpflichtigen ergeben, das diese unter gleichen Umständen mit etwa gleicher Vorbildung, Ausbildung, betriebswirtschaftlicher und steuerrechtlicher Berufserfahrung an den Tag legen.[10]

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Von praktischer Relevanz ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder sonstige Berater, die die steuerrechtlichen Angelegenheiten des Steuerpflichtigen ganz oder zum Teil selbständig wahrnehmen, den Bußgeldtatbestand gem. § 378 AO verwirklichen können.

Angesichts der Verweisung in § 378 Abs. 1 AO auf den objektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 AO („unrichtige oder unvollständige Angaben macht“), geht die h.M. davon aus, dass eine bußgeldrechtliche Verantwortung des Beraters dann nicht gegeben ist, wenn nicht er, sondern der Steuerpflichtige die vom Berater vorbereitete Steuererklärung selbst unterzeichnet und einreicht; in diesem Fall fehlt es an eigenen Angaben des Beraters gegenüber dem Finanzamt. Eine Ordnungswidrigkeit des Beraters scheidet damit bei einer rein auf das Innenverhältnis zum Mandanten beschränkten, vorbereitenden Hilfstätigkeit aus (z.B. Gewinnermittlung, Erstellung der Steuererklärung).[11] Macht der Berater dagegen eigene Angaben gegenüber dem Finanzamt als Vertreter oder Verfügungsbefugter, ist der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab im Regelfall wesentlich höher als beim Steuerpflichtigen. Allerdings ist der Steuerberater grundsätzlich nicht verpflichtet, den Angaben seines Mandanten mit Misstrauen zu begegnen; etwas anderes gilt, wenn sich erhebliche Zweifel aufdrängen oder aufdrängen müssen.[12]

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Eine Ordnungswidrigkeit gem. § 378 AO ist nur zu bejahen, wenn zwischen dem leichtfertigen Verhalten und der eingetretenen Steuerverkürzung ein Rechtswidrigkeitszusammenhang festgestellt werden kann; hieran fehlt es, wenn der Steuerschaden auch bei sorgfältigem Verhalten eingetreten wäre.[13] Beruht der Leichtfertigkeitsvorwurf etwa darauf, dass der Steuerpflichtige seine Mitarbeiter oder den Steuerberater nicht einmal stichprobenartig überwacht oder auf andere geeignete Weise überprüft hat, muss zudem positiv feststehen, dass die unvollständigen oder unrichtigen Angaben gegenüber dem Finanzamt auch bei sorgfältiger Überprüfung verhindert worden wären. Hierbei ist zu beachten, dass sich die Sorgfaltspflicht des Steuerpflichtigen meist auf die sorgfältige Auswahl eines geeigneten und zuverlässigen Mitarbeiters bzw. Steuerberaters beschränkt („Auswahlverschulden“).[14]

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Der Bußgeldrahmen ist abweichend von § 17 OWiG gem. § 378 Abs. 2 AO auf 50.000 € erweitert. Allerdings ist vor der Festsetzung einer Geldbuße stets zu prüfen, ob ggf. die Sonderregelungen der Selbstanzeige gem. § 378 Abs. 3 AO Anwendung finden.[15]

Verteidigung in Steuerstrafsachen

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