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II. Tatbestand des § 298 StGB

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Gem. § 298 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer bei einer Ausschreibung über Waren oder Dienstleistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen. Bei einer Ausschreibung nach § 298 Abs. 1 StGB handelt es sich um ein Verfahren, bei dem der Veranstalter Angebote für die Erbringung von bestimmten Leistungen oder für die Lieferung bestimmter Waren bei einer Mehrzahl von Anbietern einholt.[65] Eine Ausschreibung kann sowohl als öffentliches Verfahren (unbeschränkte Zahl von Anbietern) als auch als beschränktes Verfahren (beschränkte Zahl von Anbietern) stattfinden.[66] Als von § 298 StGB erfasste Vergabeverfahren sind die öffentliche Ausschreibung bzw. das offene Verfahren, die beschränkte Ausschreibung bzw. das nichtoffene Verfahren ebenso wie das Verhandlungsverfahren bzw. die freihändige Vergabe zu nennen. Nach § 298 Abs. 2 StGB steht der Ausschreibung die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich.

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Hauptanwendungsbereich des § 298 StGB sind Vergabeverfahren aus öffentlicher Hand, die den Vorschriften der VOB/A, VOL/A und der Vergabeordnung unterliegen.[67] Doch auch Private können sich nach § 298 StGB strafbar machen. Zwar sind diese Personen nicht an die VOB/A, VOL/A oder die Vergabeordnung gebunden. Sofern das private Vergabeverfahren aber ähnlich ausgestaltet ist, unterfällt es ebenfalls der Vorschrift des § 298 StGB.[68] Öffentliche Auftraggeber müssen prinzipiell ein öffentliches Verfahren wählen, sofern nicht der durch § 113 GWB bestimmte Schwellenwert unterschritten wird.[69]

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Die Ausschreibung muss sich auf Waren oder Leistungen beziehen. Waren sind sämtliche Objekte, die als Gegenstand des Geschäftsverkehrs veräußert oder übertragen werden können.[70] Dies schließt nicht nur bewegliche und unbewegliche Sachen sowie Rechte ein, sondern auch nicht körperliche Gegenstände wie das „know how“ und den „good will“ des Anbieters.[71] „Leistungen“ können im Rahmen des Geschäftsverkehrs im unternehmerischen, freiberuflichen sowie dem Bereich des privatwirtschaftlich tätigen Staates erbracht werden.[72]

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Das der Ausschreibung folgende Angebot muss die Verfahrensregeln einhalten. Informelle Bemühungen zur Auftragserlangung sind mithin zumindest von § 298 StGB nicht erfasst, können aber eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach §§ 263, 331 ff. StGB begründen.[73] Bei einem Angebot i.S.d. § 298 StGB handelt es sich um eine eindeutige Erklärung in Bezug auf die gebotene Leistung und den dafür veranschlagten Preis.[74] Auch formelle Anforderungen wie etwa das Vorliegen einer Unterschrift müssen gewahrt sein.[75] Abgegeben ist ein Angebot, sofern es dem Veranstalter zugegangen ist und zeitgemäß innerhalb der Ausschreibung berücksichtigt werden kann. Es genügt daher nicht entsprechend zivilrechtlichen Vorschriften, dass das Angebot mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht wird. Auf eine Kenntnisnahme oder Annahme durch den Veranstalter kommt es jedoch nicht an.[76] Der BGH hält selbst eine verspätete Abgabe für grundsätzlich ausreichend.[77]

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Das abgegebene Angebot muss auf einer Absprache beruhen. Ein Beruhen kann bei bloßer Mitursächlichkeit i.S.d. allgemeinen Kausalitätsregeln angenommen werden.[78] Die Absprache setzt keine vertragliche Abrede voraus, zumindest aber ein abgestimmtes Verhalten, mithin eine zumindest konkludente Verständigung der Beteiligten.[79] Der entsprechende Bindungswille muss jedenfalls faktischer Natur sein.[80] Erfasst sind sowohl sog. horizontale Absprachen zwischen Unternehmen, die keine direkten Wettbewerber sind, als auch vertikale Vereinbarungen zwischen Anbieter und Veranstalter.[81] Rechtswidrig ist die Absprache, wenn sie gegen kartellrechtliche Vorschriften des § 1 GWB oder Art. 101, 102 AEUV verstößt.[82]

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Die Absprache muss nach verbreiteter Ansicht darauf gerichtet sein, die Annahme eines spezifischen Angebots zu erreichen. Letzteres muss daher seinem Inhalt nach eine gewisse Bestimmtheit aufweisen (Beispiel: Festlegung eines Nullpreises).[83] Dabei steht es der Absprache nicht entgegen, wenn diese dem Veranstalter etwa durch eigene Mitarbeiter bekannt war. Es handelt sich bei § 298 StGB nicht um ein „heimliches“ Delikt.[84]

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Die Strafbarkeit setzt vorsätzliches Fehlverhalten voraus.[85] Der Vorsatz muss sich auf das normative Tatbestandsmerkmal der Rechtswidrigkeit der Absprache erstrecken, weshalb in Irrtumsfällen Straflosigkeit gem. § 16 Abs. 1 S. 1 StGB in Betracht kommt.[86]

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