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IV.Die besondere Funktion von Art. 146 GG

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62Da Verfassungen einen Ewigkeitsanspruch verfolgen, regeln sie grundsätzlich nicht ihr Außerkrafttreten68. Die Vorschrift des Art. 146 GG, die eine solche Regelung für das Grundgesetz trifft, ist insofern auch in der nach der Wiedervereinigung gültigen Fassung aus den Besonderheiten der ursprünglichen Teilung Deutschlands nach 1945 zu erklären.

Die ursprüngliche Fassung des Art. 146 GG lautete:

Dieses Grundgesetz verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen worden ist.

Sinn dieser Regelung war es, ausdrücklich festzuhalten, dass die Teilung des deutschen Staates aus westdeutscher Perspektive nur eine vorübergehende sein und eine gesamtdeutsche Verfassung erst nach einer Wiedervereinigung des ganzen deutschen Volkes zustande kommen sollte.

Dieser ursprüngliche Zweck hatte sich mit der Wiedervereinigung erledigt, die durch die im Grundgesetz in Art. 23 Satz 2 GG a. F. vorgesehene Möglichkeit des Beitritts der ostdeutschen Länder zur Bundesrepublik Deutschland vollzogen wurde. Dadurch wurde das Grundgesetz gesamtdeutsche Verfassung; zur Neukonstituierung eines gesamtdeutschen Staates bei gleichzeitiger Ablösung des Grundgesetzes, wie in Art. 146 GG a. F. vorgesehen, kam es nicht.

63Art. 146 GG n. F. besitzt insofern deklaratorische Funktion, als er wie nunmehr auch die Präambel die Vollendung der staatlichen deutschen Einheit feststellt und die stets gegebene Möglichkeit des Volkes beschreibt, sich eine neue Verfassung zu geben69. Die Vorschrift wird daher auch als Zugeständnis an die politischen Kräfte gesehen, die auch nach der Vollziehung der Wiedervereinigung über die Beitrittslösung des Art. 23 Satz 2 GG a. F. die Möglichkeit einer neuen gesamtdeutschen Verfassung i. S. d. Art. 146 GG a. F. aufrecht erhalten wollten70.

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