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2.Der Begriff des Staatsvolks im Grundgesetz

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83Das Staatsvolk des Grundgesetzes ist das Deutsche Volk. Die Präambel erwähnt diesen Zusammenhang ausdrücklich und beschreibt die Funktion des deutschen Volkes als Verfassunggeber und Souverän. Jedoch benutzt das Grundgesetz an bedeutenden Stellen den Begriff Volk ohne Zusatz. Wichtigste Norm in dieser Hinsicht ist Art. 20 GG, der die demokratische Legitimierung der Staatsgewalt festlegt. Daraus kann jedoch nicht auf eine Abweichung von dem im Grundgesetz sonst geregelten Begriff des Staatsvolks geschlossen werden. Denn nur das deutsche Staatsvolk kann die deutsche Staatsgewalt legitimieren87.

84Zentrale Regelung der Staatsangehörigkeit im Grundgesetz ist Art. 116 GG. Deutscher ist, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (vgl. Art. 116 Abs. 1 Alt. 1 GG), was den allgemeinen Grundsatz der selbstorganisatorischen Bestimmung des Staatsvolks beschreibt. Die deutsche Staatsangehörigkeit kann vor oder nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes begründet worden sein. Rechtsgrundlage ist das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG), das auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz (RuStAG) von 1913 zurückgeht und zuletzt zum 1.1.2000 grundlegend reformiert worden ist88. Grundsatz des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist das Abstammungsprinzip (vgl. § 4 Abs. 1 StAG), das aber zugunsten von Erwerbstatbeständen des Territorialprinzips erweitert wurde89.

85Die Besonderheiten des Grundgesetzes hinsichtlich der Staatsangehörigkeit bestehen in den weiteren Regelungen des Art. 116 GG. In Art. 116 Abs. 1 Alt. 2 GG werden die sog. Statusdeutschen den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit sowie deren Angehörige, die im Deutschen Reich in den Grenzen vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hatten, sind Deutsche im Sinne des Grundgesetzes. Das deutsche Staatsvolk besteht also nicht nur aus den deutschen Staatsangehörigen, sondern wird durch Art. 116 Abs. 1 Alt. 2 GG um die Statusdeutschen erweitert.

86Die deutsche Volkszugehörigkeit besitzt, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat. Dies bestimmt sich anhand kultureller Merkmale wie Sprache, Erziehung, Abstammung etc.90 Grund dieser Regelung ist die besondere Situation nach dem Zweiten Weltkrieg, die geprägt war von Vertreibung, Umsiedlung und dem Bestreben vieler Volksdeutscher, auf westdeutsches Gebiet zu gelangen. In Osteuropa gab es seit jeher deutschstämmige Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Ihr sollte der gleiche grundgesetzliche Status als Deutsche eingeräumt werden, auch wenn eine Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit vorläufig nicht möglich war. Erkennbar ist an dieser Stelle wieder die Absicht des Grundgesetzes, die gültige Verfassung des gesamten deutschen Volkes zu sein, auch für die Teile, die aufgrund der politischen Nachkriegslage nicht in der Lage waren, daran teilzunehmen.

87Die deutsche Staatsangehörigkeit ist im Grundgesetz besonders geschützt. Art. 16 Abs. 1 GG untersagt die Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit – d. h. den Verlust durch einseitigen staatlichen Akt ohne Einflussmöglichkeit des Betroffenen, was im Dritten Reich insbesondere zur Einziehung des Vermögens von Exilanten benutzt wurde91.

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