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Tag 125

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9. Juli 2014

Manfred Götzl, Richter. Volker F., 46, Polizeibeamter aus Zwickau. Jan Böhnhardt, 44, Kraftfahrer aus Jena, Bruder von Uwe Böhnhardt.

(Beate Zschäpe klagt über Kopfschmerzen. Ein Arzt untersucht sie. Der Verhandlungsbeginn verzögert sich um eine knappe Stunde. Zunächst nimmt Matthias Dienelt auf dem Zeugenstuhl Platz. Als Beschuldigter, der sich nicht selbst zu belasten braucht, macht er von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, den NSU unterstützt zu haben. Er habe dem untergetauchten Trio als Wohnungsgeber geholfen. Bei der polizeilichen Vernehmung hatte Dienelt noch Angaben gemacht. Diese werden nun durch einen Vernehmungsbeamten in den Prozess eingeführt.)

Volker F. Die Vernehmung war am 6.11.2011. Zwei Tage vorher gab es die Explosion in der Frühlingsstraße. Matthias Dienelt schilderte, dass er 2003 als Kraftfahrer für eine Spedition in Zwickau Nachtfahrten gemacht hat, gewohnt habe er in Johanngeorgenstadt. Er habe ein Zimmer in Zwickau gesucht, wo er übernachten kann, um von da zur Arbeit zu gehen. Über seinen Kumpel André Eminger habe er Kontakt zu einem Max-Florian B. (Es handelte sich tatsächlich um Mundlos.) bekommen. Der habe eine Wohnung gesucht, aber wegen Schufa-Einträgen nicht selbst einen Mietvertrag unterschreiben können. Man habe sich geeinigt, dass Dienelt die Wohnung mietet, B. die Miete zahlt und Dienelt ein Zimmer bekommt. Es seien dann weitere Personen, eine Liese und ein Gerry, dazugekommen. (Liese und Gerry waren die Aliasnamen von Zschäpe und Böhnhardt.) Irgendwann sei Dienelt gefragt worden, ob er für eine andere Wohnung wieder den Mietvertrag unterschreiben würde. Weil es bis dahin keine Probleme gegeben habe, habe er sich darauf eingelassen. B. habe eine Wohnung in der Frühlingsstraße gefunden.

Ich versuchte zu hinterfragen, wie das Verhältnis zu den dreien war. Er habe das Zimmer nur zum Schlafen benutzt und der Kontakt habe sich auf ein paar Worte, mal eine Tasse Kaffee beschränkt. Er habe keine Fahrzeuge dort gesehen, habe gar nicht gewusst, ob die einen Führerschein hatten. Wir haben ihm Bilder vorgelegt. Beate Zschäpe erkannte er sofort als Liese, die in der Polenz- und Frühlingsstraße gewohnt hat. Bei Böhnhardt und Mundlos war er sich nicht so sicher. Aber die Bilder waren schon älteren Datums. Max und Gerry könnten das sein, sagte er. Für mich war es eigenartig, dass er gleich mit einem Anwalt ankam. Sein gutes Recht, aber ungewöhnlich. Ich habe ihn als naiv eingeschätzt. Als wenn er benutzt worden wäre und nicht wusste, was dahintersteckt. Eine Tätowierung erkannte Herr Dienelt wieder, die er dem Gerry zuordnete. Er sagte, Gerry habe ihm mal eine Tätowierung gezeigt, auf dem Oberarm, einen Totenkopf mit Stahlhelm. Gerry habe Probleme mit den Bandscheiben gehabt, er musste Rückenübungen machen. Max hat er mit buschigen Augenbrauen und etwas größer als 1,80 Meter beschrieben. Max habe viel mit Computern gemacht. Ich habe Herrn Dienelt auch gefragt, wie er die Liese beschreiben kann. So war sein Wortlaut, entschuldigen Sie bitte, ich hab das so ins Protokoll diktiert: »Alles dort, wo es hingehört.« Er sagte, die drei gingen keiner Arbeit nach. Der Max habe ihm erzählt, sein Vater sei Doktor oder Professor in Jena, etwas Höheres, und Geld sei kein Problem. (Es folgt Uwe Böhnhardts Bruder als Zeuge.)

Böhnhardt Wo soll ich anfangen? Ich weiß noch nicht richtig, was ich sagen soll. Als er klein war, war er klein. Dann, mit achtzehn, bin ich ausgezogen. Dann kam er mich hin und wieder besuchen.

Götzl Erzählen Sie weiter.

Böhnhardt Ich weiß nicht so richtig was.

Götzl Gehen wir zu dem Zeitpunkt, wo Sie ausgezogen sind. Wie war denn der Altersunterschied?

Böhnhardt Wir haben einen Unterschied von acht Jahren. Als ich ausgezogen bin, war er zehn, elf. Er war ein kleiner, aufgeweckter Junge. Da gab es nichts zu beanstanden.

Götzl Gab es Probleme mit Eltern, Familie, Schule?

Böhnhardt Später mit der Schule. Mit mir nicht. Wir hatten brüderlichen Kontakt, er hat mich öfters besucht. Ich weiß, dass er in dieser Szene war. Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass es so schlimm dort war. Er kam dann mit Stiefeln an oder anderen Sachen, ich habe mitgekriegt, dass er anders gesinnt ist. Hat mich nie bedrängt oder mit reingezogen.

Götzl Welche Ansichten hatte Ihr Bruder?

Böhnhardt Rechte Ansichten.

Götzl Welche waren das?

Böhnhardt Rechts halt.

Götzl Sagen Sie uns ein paar Beispiele.

Böhnhardt Rechtsradikal so ein bisschen. Wollte halt irgendwo dazugehören. Auf mich hat er nicht unbedingt immer so einen bösen Eindruck gemacht. Er war öfters bei mir, ich hatte Frau und Kind, das war zu viel, er fühlte sich als fünftes Rad am Wagen, da hat er sich eine andere Gruppe gesucht.

Götzl Und wer gehörte zu dieser Gruppe?

Böhnhardt Na, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Wer noch, weiß ich nicht. Beate war Uwes Freundin. Den Uwe Mundlos habe ich nur zwei, drei Male gesehen.

Götzl Wie haben Sie Frau Zschäpe erlebt?

Böhnhardt Ganz normal, freundlich, nett, wie halt eine Freundin ist vom Bruder. Sie war nicht bösartig und hatte ganz normale Klamotten an. Das Verhältnis zwischen Uwe und Beate war richtig gut. Sie sind miteinander umgegangen, wie ein Paar halt miteinander umgeht. Er hat sie nicht geschlagen und sie nicht ihn.

Götzl Welches Verhältnis hatte Ihr Bruder zu Waffen?

Böhnhardt Ein gutes.

Der NSU Prozess

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