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Tag 130

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23. Juli 2014

Manfred Götzl, Richter. Andreas Rachhausen, 42, selbstständiger Bauleiter aus Saalfeld-Rudolstadt. Herbert Diemer, Vertreter der Bundesanwaltschaft. Thomas Bliwier, Anwalt der Nebenklage.

(Zunächst teilt der Richter mit, weshalb ein weiterer Zeuge, der Uwe Böhnhardt aus Jugendtagen kannte, heute nicht erschienen ist.)

Götzl Der Zeuge erklärte, er sei bis Nürnberg gefahren. Da sei ihm schwindlig geworden. Seinen guten Willen habe er gezeigt, er könne das Ticket vorzeigen. Er brauche jetzt eine Wirtschaft und was zu trinken. Am Montag beginne seine Therapie.

Diemer Ich denke, wir müssen den Zeugen vorführen.

Götzl Ja.

(Der Zeuge Andreas Rachhausen nimmt Platz. Er hat einen Zeugenbeistand an seiner Seite, den Anwalt Thomas Jauch, der immer wieder Rechtsextremisten vertreten hat.)

Götzl Es geht uns um Kontakte zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos vor 1998 und möglicherweise danach. Und auch um Kontakte zu den Angeklagten hier.

Rachhausen Also, die Kontakte waren eher flüchtiger Natur. Keine persönlichen Kontakte, bestenfalls mal »Guten Tag« und »Guten Weg«. Nach 1998 gab es Kontakte zu Herrn Wohlleben. Das war’s dann schon.

Götzl Können Sie uns das genauer schildern?

Rachhausen Ich bin 1997 im ersten Quartal aus der Haft entlassen worden. Davor war ich viel unterwegs oder in Verwahrung. Es gab keine Möglichkeit, Kontakte zu haben. Erst danach. Im Wesentlichen traf man sich in der Gaststätte Heilsberg. Das war ein bekannter Treffpunkt für Leute der rechten Szene. Ob man will oder nicht, lernt man Leute kennen, zwangsläufig.

Götzl Haben Sie Anfang 1998 Informationen über Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt bekommen?

Rachhausen Es wurde natürlich gesprochen oder gemunkelt, die Bombenbastler aus Jena, das war ein geflügeltes Wort, davon habe ich was mitbekommen.

Götzl Was haben Sie mitbekommen?

Rachhausen Dass Bombenattrappen abgelegt worden sein sollen.

Götzl Haben Sie gehört, ob die drei geflüchtet sind?

Rachhausen Hab mal gehört, dass die weg sind.

Götzl Können Sie das noch einordnen?

Rachhausen Nein, nicht mal aufs Jahr. Kann genauso gut aus der Presse gekommen sein.

Götzl Da gefällt mir Ihr Aussageverhalten jetzt nicht, das muss ich Ihnen ehrlich sagen!

Rachhausen Ich möchte Ihnen auch keinen Unsinn sagen. Die Beamten beim BKA haben mich gedrängt, über Böhnhardt und Mundos was zu sagen. Ich habe dann nur verlautbart, was man schon aus Presse und Funk wusste. Die Beamten sagten, das sei so okay.

Götzl Haben Sie was mitbekommen von der Flucht?

Rachhausen Ja, ich habe einen havarierten Kleinwagen transportiert, von dem ich vor, nach oder während des Transports erfahren habe, dass die drei (er meint Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe) sich mit dem bewegt haben.

Götzl Schildern Sie mir, was Sie gemacht haben!

Rachhausen Ich habe einen Anruf von Herrn Kapke bekommen, ob ich die Möglichkeit hätte, ein Auto zu verladen mit meinem Anhänger. Ich habe mich mit Herrn Wohlleben getroffen in Jena, dann sind wir gemeinsam zur A4 bei Dresden gefahren und haben das Fahrzeug abgeholt.

Götzl Was ist mit dem Fahrzeug geschehen?

Rachhausen Wurde nach Jena gebracht.

Götzl Und was ist dann damit geschehen?

Rachhausen Das weiß ich nicht mehr.

Götzl Sie und Herr Wohlleben waren da unterwegs?

Rachhausen Ja.

(Sein Handy läutet.)

Götzl Würden Sie das bitte so gestalten, dass hier keine Störungen auftreten! – Wie gut kannten Sie damals Herrn Wohlleben?

Rachhausen Den kannte ich im Gegensatz zu Herrn Kapke nicht wirklich. Habe höchstens »Guten Tag« gesagt. War relativ fremd bei dieser Abschleppgeschichte.

Götzl Welche Rolle spielte er denn dabei?

Rachhausen Er wusste, wo das Fahrzeug steht. Er wurde mir beigestellt als Hilfe.

Allein ist das so eine Sache, ein Fahrzeug abzuschleppen.

Götzl Wie war Ihre politische Einstellung damals?

Rachhausen Ich hatte damals auch eine rechte politische Einstellung.

Götzl Was waren Ihre politischen Vorstellungen?

Rachhausen Der Kampf um das biologische Überleben unseres Volkes.

Götzl Können Sie mir das näher darstellen?

Rachhausen Deutschland schafft sich ab.

Götzl Wie macht Deutschland das Ihrer Meinung nach?

Rachhausen Da gibt es nichts zu erklären, ich habe heute andere Probleme.

Götzl Sie weichen mir aus.

Rachhausen Ich weiche doch gar nicht aus.

Götzl Sie bedienen mich mit Schlagwörtern.

Rachhausen Ich dachte, nach Ende der DDR wäre es richtig, mich zu engagieren, um politische Veränderungen herbeizuführen.

Götzl Wie sollte das erfolgen?

Rachhausen Ein Nationalstaat sollte errichtet werden auf demokratische Weise.

Götzl An was haben Sie da gedacht?

Rachhausen Ich bin kein Politiker, und als ich gemerkt habe, dass ich es nicht bin, habe ich davon abgelassen. Meine Vorstellungen tun doch gar nichts zur Sache.

Götzl Doch, sonst würde ich Sie nicht danach fragen. Sagt Ihnen der Name Rosemann etwas?

Rachhausen Ja. Anfang der 90er-Jahre habe ich ihn kennengelernt. Er war aktiv in der rechten Szene in Saalfeld-Rudolstadt.

Götzl Ist er ein Freund von Ihnen?

Rachhausen Er war damals ein Freund von mir. Ich habe zu Herrn Rosemann sehr lange keinen Kontakt mehr.

Götzl In seiner Vernehmung sagte er, er habe mit Ihnen den Peugeot abgeholt. Dieser habe der Mutter von Ralf Wohlleben gehört, aber er sei damit gefahren. Was sagen Sie dazu?

Rachhausen Da kann man mal sehen, was ein menschliches Gehirn so machen kann, wenn das so stimmt.

Anwalt Bliwier Es geht noch mal um Ihre Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz in Thüringen. Sie sagten, Sie seien von einer Person abgepasst worden nach dem Abschleppen.

Rachhausen Ich bin mir heute ja gar nicht mehr so sicher, wer mich alles befragt hat. Ich erinnere mich nicht, ob es ein Verfassungsschützer war oder ein Polizist oder ein Dritter.

Anwalt Bliwier Hatten Sie denn damals schon Kontakt zum Verfassungsschutz, als das mit dem Abschleppen war?

Rachhausen Der Erstkontakt war im März 97, in der JVA Gotha.

Anwalt Bliwier Schildern Sie das mal!

Rachhausen Weil man Langeweile hat, ich dachte, ich gucke mir das an. Es kamen zwei Personen, Mitarbeiter einer Behörde des Thüringer Innenministeriums. Sie fragten, ob ich Einblicke in die Jugendszene gewähren könnte. Es ging gar nicht um Rechtsradikalismus.

Anwalt Bliwier Gab es weitere Kontakte?

Rachhausen Ja, der nächste Kontakt war vor meiner Hauseingangstür, da haben sie mich abgepasst.

Anwalt Bliwier Haben Sie Geld bekommmen? Wie viel?

Rachhausen Keine Erinnerung.

Anwalt Bliwier Da glaub ich Ihnen kein Wort.

Rachhausen Mindestens drei Mal hab ich Geld bekommen. Über 1000 D-Mark. Einmal hab ich es quittiert.

Der NSU Prozess

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