Читать книгу Der NSU Prozess - Tanjev Schultz - Страница 144
Tag 126
Оглавление10. Juli 2014
Manfred Götzl, Richter. Andreas M., 51, Kriminalhauptkommissar beim BKA. Thomas Gerlach, 35, Monteur aus Thüringen. Wolfgang Stahl, Verteidiger von Beate Zschäpe. Sebastian Scharmer, Anwalt der Nebenklage.
(Zunächst geht es um den Banküberfall in Eisenach vom 4.11.2011, nach dem Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt aufgeflogen waren.)
Andreas M. Ich war von Januar 2012 bis Juni 2012 befasst mit dem NSU-Komplex. Wir haben uns mit der Bankraubserie befasst. Es sollten Asservate aus dem Wohnmobil in Eisenach mit Bildern der Überwachungskameras aus der Bankraubserie zwischen 1998 bis 2011 abgeglichen werden.
(Fotos werden an die Wände projiziert. Man sieht diverse Asservate, unter anderem eine Supermarkttüte, Jogginghosen, Sturmmasken, Schuhe.)
Andreas M. Wir konnten die beiden Täter durch die Schuhgröße unterscheiden. Uwe Böhnhardt hatte Größe 44, Mundlos hatte Größe 46. Nach dem Überfall haben sie sich im Wohnmobil umgezogen. Die Kleider waren aber im Wohnmobil. Es war dort auch eine Sturmmaske mit aufgedrucktem Tiergesicht. Der Täter, der sie trug, war Mundlos. Die Sturmmaske kann man nicht so kaufen, die war selbst gemacht, ein Unikat. Damit keine Haare rausfallen, hatten die beiden die Hosen in ihre Strümpfe gesteckt.
Hier, das sind die Fahrräder, hochwertig, sehr schnell, sehr sicher. Keine Hollandräder, da kann man auch Motorräder mit abhängen, über Treppen fahren.
Götzl Sind noch Asservate im Wohnmobil gefunden worden?
Andreas M. Ja, der Mietvertrag für das Wohnmobil, auf den Namen Holger Gerlach.
(Gemeint ist der Angeklagte Holger Gerlach, der nicht mit dem Zeugen dieses Tages, Thomas Gerlach, verwandt ist.)
Verteidiger Stahl Es gab noch Geld über die 71915 Euro vom letzten Bankraub in Eisenach hinaus, die im Wohnmobil versteckt waren. Was können Sie berichten?
Andreas M. Insgesamt 40 000 Euro, an verschiedenen Stellen im Wohnmobil verteilt. Einmal in einer Dose, in irgendwelchen Schränken. Das Geld lag nicht offen herum.
(Der Zeuge verlässt den Gerichtssaal. Zschäpes Verteidiger gibt eine Erklärung ab.)
Stahl Dass nicht unerhebliche Geldbeträge bei Mundlos und Böhnhardt gefunden wurden, ist erneut ein Beleg dafür, dass die These des Generalbundesanwalts, Frau Zschäpe habe das Geld des Trios verwaltet, so nicht zutreffen kann. (Nun wird erneut der Rechtsextremist Thomas Gerlach befragt, der bereits an Tag 121 ausgesagt hatte.)
Götzl Können Sie mit dem Begriff Volkstod was anfangen?
Gerlach Nationale Kreise verbinden damit, dass das deutsche Volk wegen der niedrigen Geburtenrate und der Zuwanderung von Ausländern ausstirbt. Und das führt zum Volkstod. Unser Ziel war natürlich, den Volkstod aufzuhalten, also: Rückführung von Ausländern, Familien unterstützen, damit mehr Kinder machbar sind.
Götzl Inwieweit hat Gewalt eine Rolle gespielt?
Gerlach Gewalt hat keine Rolle gespielt, weil man da die Menschen, die man gewinnen will, eher abstößt. Wenn wir auf Demos gemerkt haben, da kommt aggressive Stimmung auf, dann haben wir als Ordner oder Veranstalter darauf hingearbeitet, das zu unterbinden.
Götzl Von welchen Leuten sprechen Sie?
Gerlach Wohlleben, Kapke. In Altenburg hab ich es gemacht. Man kann sich nicht alle Namen merken.
Götzl Überlegen Sie mal.
Gerlach Fallen mir spontan keine ein. Sie wollen die Namen hören, die damals aktiv waren. Das mach ich nicht.
Götzl Warum nicht?
Gerlach Weil ich den Prozess verfolgt habe. Die Nebenklageanwälte schöpfen gezielt Informationen ab und leiten das weiter an die Antifa. Die Leute werden repressiv behandelt auf ihrer Arbeitsstelle.
Götzl Da haben Sie kein Auskunftsverweigerungsrecht!
Gerlach Das ist mir schon bewusst, ich sehe den Konflikt zwischen der Autorität des Gerichts und mir. Ich kann mit meinem Wertegefühl nicht vereinbaren, dass hier Leute genannt werden.
Götzl Das Gesetz sieht hier Ordnungsmittel in solchen Fällen vor. Sie sprechen das ja selbst an. Was heißt Wertegefühl?
Gerlach Wenn die Leute Nachteile bekommen, kann ich das nicht mit mir vereinbaren. Mir ist bewusst, dass ich da eine Strafe kriegen kann, damit muss ich leben.
(Pause.)
Anwalt Scharmer Haben Sie den Auftakt dieses Prozesses als »Tag der Schande« bezeichnet?
Gerlach Ja.
Anwalt Scharmer Und warum?
Gerlach Ich bin der Meinung, hier sitzen Leute, die mit der Sache nichts zu tun haben.