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b) Auswahl der Beweismittel

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Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 VwVfG bedient sich die Behörde der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Ihr Auswahlermessen ist allerdings in mehrfacher Hinsicht rechtlich begrenzt.

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Unzulässige Beweismittel darf die Behörde nicht verwenden. Die Behörde muss also die für jedes einzelne Beweismittel bestehenden rechtlichen Schranken beachten, darf etwa eidesstattliche Versicherungen nur abnehmen, wenn sie dazu durch Gesetz oder Rechtsverordnung ermächtigt ist, und darf Urkunden und private Akten grundsätzlich nicht zwangsweise herausfordern. Grenzen werden dem behördlichen Auswahlermessen ferner durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gesetzt. Dies bedeutet zunächst, dass die Behörde sich der Tauglichkeit eines Beweismittels vergewissern muss.

Beispiel:

Die Behörde darf auf solche Beweismittel nicht zurückgreifen, die keine sicheren Erkenntnisse gewährleisten wie beispielsweise parapsychologische Gutachten. Weiterhin kommt es nicht in Betracht, einen Zeugen zu Fragen zu vernehmen, die nur ein Sachverständiger auf Grund seiner besonderen Sachkunde beantworten kann[337].

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Die Behörde muss weiterhin das Übermaßverbot beachten. Die Auswahl eines Beweismittels darf zu keinen Rechtseingriffen führen, die verglichen mit den mit der Verwendung eines anderen geeigneten Beweismittels verbundenen Belastungen für den Betroffenen unverhältnismäßig schwerwiegend sind.[338]

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Gesetzliche Verbote begrenzen weiterhin das Auswahlermessen der Behörde. Beachtet werden müssen zunächst einfachgesetzliche Grenzen wie das Sozialgeheimnis (§ 35 SGB I), Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse[339] oder das Steuergeheimnis (§ 30 AO).

Beispiel:

Die Finanzbehörde darf der Gewerbebehörde nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO keine dem Steuergeheimnis unterliegenden Tatsachen mitteilen, die mit der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in keinem ursächlichen Zusammenhang stehen oder die weder allein noch in Verbindung mit anderen Tatsachen eine Untersagungsentscheidung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO zu tragen vermögen. Ein zwingendes öffentliches Interesse i.S.v. § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO ist allerdings zu bejahen, wenn die zu offenbarenden Tatsachen entscheidend dartun, dass der Gewerbetreibende unzuverlässig ist und die Gewerbeuntersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der Betriebsangehörigen erforderlich ist. Es geht dabei insgesamt um ein öffentliches Interesse, das weitgehend leer liefe, wenn die Finanzbehörde als Informationsquelle ausfallen würde.[340]

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Weiterhin müssen die Vorgaben des Datenschutzrechts beachtet werden. Die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes nach § 1 Abs. 4 BDSG vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet werden. Für die Erhebung, die Verarbeitung und die Nutzung personenbezogener Daten (zu den Begrifflichkeiten vgl. § 3 Abs. 2–5 BDSG) sind damit allein die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes maßgeblich. Gleiches gilt im Anwendungsbereich der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder.[341]

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Grundrechte Betroffener müssen weiterhin bei der Ausübung des Auswahlermessens nach § 26 Abs. 1 Satz 1 VwVfG beachtet werden. So ist die Vernehmung eines Zeugen unter Einsatz eines Lügendetektors wegen Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1 GG[342] ebenso unzulässig wie eine heimliche Tonbandaufnahme von einem Gespräch, weil diese das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt.[343] Gleiches gilt für die Androhung von Folter, um eine Aussage zu erzwingen (vgl. Art. 3 EMRK). Unzulässig ist auch eine Beweisermittlung unter Verletzung des durch Art. 10 GG geschützten Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses bzw. unter Verstoß gegen das Wahlgeheimnis.[344]

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