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D. Rechtsfolgen

Wenn ein Gefahrentatbestand vorliegt, stellt sich die Frage, ob bzw. inwiefern Maßnahmen auf Rechtsfolgeseite ergriffen werden müssen und inwiefern hierbei Grenzen zu beachten sind. Insofern ist zwischen den grundlegenden regulatorischen Entscheidungen des Gesetzgebers und der Anwendung bzw. Durchsetzung des Aufsichtsrechts durch die Aufsichtsbehörden zu trennen, denn der Gesetzgeber kann als Inhaber der Staatsgewalt den Aufsichtsbehörden nähere Vorgaben für die Anwendung bzw. Durchsetzung des Aufsichtsrechts machen.

I. Ebene der Gesetzgebung

Als Inhaber der Staatsgewalt hat zunächst der Gesetzgeber über die Notwendigkeit aufsichtsrechtlicher Regelungen zu entscheiden. Diese Entscheidung ist aufgrund einer Abwägung der Bedeutung der aufsichtsrechtlichen Schutzgüter mit den betreffenden Risiken zu treffen.

Die angesprochene Rechtsgüterabwägung eröffnet Raum für die Berücksichtigung höherrangiger Rechtsgüter des europäischen und deutschen Rechts, beispielsweise der Grundfreiheiten und Grundrechte. Zwar verfügt der Gesetzgeber über einen Gestaltungsspielraum, und zwar sowohl hinsichtlich eines etwaigen Tätigwerdens an sich („Ob“) als auch hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen („Wie“). Ein Handeln erscheint aber um so gebotener, wo die ohne ein Eingreifen möglichen Nachteile für die geschützten Rechtsgüter die Kosten eines Eingriffs deutlich überwiegen. In diesen Fällen dürfte sich der Spielraum zumindest hinsichtlich des „Ob“ aufsichtsrechtlichen Maßnahmen reduzieren. Diesen Überlegungen entsprechend sind die Eingriffsbefugnisse angesichts der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der relevanten Schutzgüter der Entstehung einer konkreten Gefahr, wie schon gesagt, besonders weit vorgelagert und setzen eine Gefahr zumeist nicht einmal explizit voraus. Bei dem gewählten Regelungsansatz dürfte auch der Umstand eine Rolle spielen, dass sich Gefahren nur schwer begrenzen lassen, wenn sie sich realisieren (runs!).

Problematisch kann allerdings die Auswahl der gebotenen Maßnahme und damit das „Wie“ eines aufsichtsrechtlichen Eingriffs sein. Die Schwierigkeiten der Identifikation einer Gefahrenlage und der weit vorverlagerte Eingriffszeitpunkt können es insbesondere auf der Gesetzgebungsebene erschweren, vorab geeignete und erforderliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu bestimmen. Darauf ist bei der Prüfung der Regulierung im Einzelnen näher einzugehen.

II. Ebene der Aufsichtsbehörden

Den Aufsichtsbehörden steht bei der Entscheidung über einen Eingriff und der Auswahl der betreffenden Maßnahmen nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen typischerweise Ermessen zu (Opportunitätsgrundsatz). Allerdings kann dieses Ermessen für bestimmte Fälle gesetzlich beschränkt werden. Außerdem müssen die Aufsichtsbehörden bei der Anwendung der Gesetze ihrerseits abwägen, ob ein Eingreifen zum Rechtsgüterschutz geboten ist oder umgekehrt zu weit ginge.

Dies wiederum bedeutet, dass sich Grenzen für die Ausübung aufsichtsbehördlichen Ermessens ergeben. So sind im Fall eines bloßen Gefahrenverdachts nach allgemeinem Ordnungsrecht lediglich so genannte Gefahrerforschungseingriffe zulässig. Ein Gefahrenverdacht liegt vor, wenn aus Behördensicht Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Gefahr bestehen, aber die hinreichende Wahrscheinlichkeit ihrer Realisierung nicht hinreichend feststellbar ist.696 Dies bedeutet im finanzaufsichtsrechtlichen Zusammenhang beispielsweise, dass die zuständige Behörde eine Produktintervention nicht vornehmen darf, ohne zuvor gegenüber den Marktteilnehmern ihre Befugnisse zur Durchsetzung von Informations- und Offenlegungspflichten im konkret gebotenen Umfang auszuüben. Allerdings kann die Behörde die Marktteilnehmer als Verursacher oder sonst Verantwortliche (sog. Störer) im Rahmen der behördlichen Befugnisse auch zu so genannten Gefahrerforschungsmaßnahmen verpflichten, um so das Ausmaß vorhandener Gefahren zu ermitteln.

Dessen ungeachtet dürfte den Aufsichtsbehörden grundsätzlich ein sehr weiter Spielraum für etwaige Eingriffe einzuräumen sein. Denn auch in diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die gesetzlichen Eingriffsbefugnisse angesichts der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der relevanten Schutzgüter der Entstehung einer konkreten Gefahr bewusst weit vorgelagert sind und dass sich Gefahren nur schwer begrenzen lassen, wenn sie sich realisieren.

696 BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 2002, 6 CN 4/01, Rz. 31f., 34; Urteil vom 18. Dezember 2002, 6 CN 3/01, Rz. 24, 27 (zit. nach Juris).

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