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1.Vorgesetztenverhältnis auf Grund der Dienststellung

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Zu den Vorgesetzten auf Grund der Dienststellung gehört zunächst der unmittelbare Vorgesetzte gem. § 1 Abs. 1 VorgV: „Ein Soldat, der einen militärischen Verband, eine militärische Einheit oder Teileinheit führt oder der eine militärische Dienststelle100 leitet und daher die allgemeine Befugnis hat, den ihm unterstellten Soldaten in und außer Dienst Befehle zu erteilen.“ Maßgeblich für die Vorgesetzteneigenschaft nach § 1 VorgV ist damit die Organisationsstruktur der Streitkräfte: Ein Soldat hat abhängig von seinem Dienstposten mehrere unmittelbare Vorgesetzte bis „hinauf“ zum GenInsp.101 Aus Sicht des eingangs vorgestellten NavGast gibt es allein an Bord seiner Fregatte für ihn drei unmittelbare Vorgesetzte: Zunächst der Navigationsoffizier (NO)102, der an Bord für den Navigationsabschnitt verantwortlich ist. Sodann der Erste Offizier (IO)103 als ausführendes Organ und Berater des Kommandanten (Kdt) und schließlich der Kdt104 als Führer eines Kriegsschiffs. Die Liste der Vorgesetzten nach § 1 VorgV kann entsprechend der Organisationsstruktur der Deutschen Marine weiter geführt werden über den Geschwaderkommandeur, den Kommandeur der Einsatzflottille, den Abteilungsleiter Einsatz im Marinekommando, den Inspekteur der Marine, bis zum GenInsp.105

Diese mit der truppendienstlichen Unterstellung einhergehende sog. allgemeine Befehlsbefugnis des unmittelbaren Vorgesetzten ist auf den ersten Blick frei von jeder Beschränkung in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht.106 Gleichwohl kann sie gegenüber spezielleren Befehlsbefugnissen, die ihre Grundlage ebenfalls in der jeweiligen Dienststellung des Soldaten finden, zurücktreten: So räumt etwa § 1 Abs. 2 VorgV der Befehlsbefugnis eines Fachvorgesetzten Vorrang ein. Einem Fachvorgesetzten obliegt gem. § 2 VorgV die Leitung des Fachdienstes von Soldaten, weshalb er befugt ist, ihnen im Dienst zu fachdienstlichen Zwecken Befehle zu erteilen. Dies gilt für den Sanitätsdienst, den Militärmusikdienst und den Geoinformationsdienst der Bundeswehr.107 Dennoch ist anhand des Wortlauts des § 1 Abs. 2 VorgV, welcher anstatt eines eindeutigen Verbots lediglich ein „soll nicht“ formuliert, zu erkennen, dass die Befehlsbefugnis des unmittelbaren Vorgesetzten eben nicht vollkommen zurücktritt, sondern lediglich zugunsten besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse der fachlichen Leitung zurückgenommen ist, um abgesehen von Ausnahmefällen fachfremde Einmischung zu verhindern.108 So kann der Inspekteur des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, da er nicht nur Vorgesetzter nach § 1 VorgV für die ihm unterstellten Soldaten, sondern zugleich auch Vorgesetzter nach § 2 VorgV ist,109 sozusagen am Inspekteur der Marine und am Kdt einer Fregatte vorbei, dem Schiffsarzt Befehle fachlicher Natur erteilen.

Auch das in § 3 VorgV skizzierte Vorgesetztenverhältnis mit besonderem Aufgabenbereich kann der Befehlsbefugnis aus § 1 VorgV vorgehen.110 Dem Vorgesetzten gem. § 3 VorgV ist auf Grund seiner Dienststellung ein besonderer Aufgabenbereich zugewiesen. Deshalb hat er im Dienst die Befugnis, anderen Soldaten, die u. U. nicht im Dienst sind, Befehle zu erteilen, welche zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind.111 Nur sofern es sich aus seinem Aufgabenbereich ergibt, hat er zugleich Befehlsbefugnis gegenüber Soldaten, die sich nicht im Dienst befinden.112 Der Befehlsbefugnis nach § 3 VorgV wohnt also im Gegensatz zu derjenigen des § 1 VorgV sowohl eine inhaltliche („zur Erfüllung seiner Aufgaben“) als auch eine zeitliche Begrenzung („im Dienst“) inne. Für die Vorgesetzteneigenschaft nach § 3 VorgV ist entscheidend, dass nicht nur dauerhaft oder regelmäßig wiederkehrend besondere Aufgaben übertragen werden, sondern dass zudem auch die Befugnis verliehen wird, zur Erfüllung besonderer Aufgaben Befehle zu erteilen.113 Prominentes Beispiel für Vorgesetzte nach § 3 VorgV sind Soldaten im Wachdienst114 oder Soldaten im Feldjägerdienst.115 Wenn also der NavGast am Freitag nach Dienst von Wilhelmshaven aus mit der Bahn nach Hause fahren will und auf dem Bremer Hauptbahnhof beim Umsteigen von einer Feldjägerstreife kontrolliert wird, so sind diese Feldjäger Vorgesetzte nach § 3 VorgV.

Wie gezeigt, ist der GenInsp Disziplinarvorgesetzter nach § 3 VorgV für außerhalb der Streitkräfte eingesetzte Soldaten: Prominentes Beispiel ist die Bundeswehrverwaltung.116 Zwar sind Soldaten außerhalb der Streitkräfte „aus der durchgängigen Befehlskette der Streitkräfte herausgelöst“, deren soldatische Rechte und Pflichten bleiben davon jedoch unberührt.117 Der Soldat unterliegt damit nach wie vor der Pflicht zum treuen Dienen des § 7 SG.118 So sieht der „Dresdner Erlass“ einen „Beauftragten für die Angelegenheiten des militärischen Personals“ vor, welcher als Vorgesetzter nach § 3 VorgV dessen disziplinare Einbindung zur Wahrung der militärischen Ordnung und Disziplin sicherstellen soll.119 Insoweit kann auch für Soldaten außerhalb der Streitkräfte eine Befehls- und Disziplinarkette bis „hinauf“ zum GenInsp geschaffen werden.120

Bereits jetzt ist deutlich geworden, dass die durch die VorgV geschaffenen Möglichkeiten zur Begründung eines Vorgesetztenverhältnisses und damit einer Befehlsbefugnis nicht gleichrangig nebeneinanderstehen. Anderenfalls könnte es zu unlösbaren Problemen kommen, stünden sich zwei einander wechselseitig vorgesetzte Soldaten gegenüber. Daher genießt diejenige Befehlsbefugnis Vorrang, die dem jeweils spezielleren und enger definierten Zweck dient. Im Regelfall ist daher von folgender Reihenfolge auszugehen: § 5 geht vor § 3, geht vor § 1, geht vor § 2, geht vor § 4 VorgV, geht vor § 6 VorgV.121

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