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1.Voraussetzungen der Parlamentsbeteiligung

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Der Gesetzgeber hat auf diese Forderungen des Bundesverfassungsgerichts reagiert und 2005 die Beteiligung des Parlaments von der Entsendung deutscher Streitkräfte in Einsätze im Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG) geregelt:

§ 1 Grundsatz

[…]

(2) Der Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes bedarf der Zustimmung des Bundestages.

§ 2 Begriffsbestimmung

(1) Ein Einsatz bewaffneter Streitkräfte liegt vor, wenn Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist.

(2) Vorbereitende Maßnahmen und Planungen sind kein Einsatz im Sinne dieses Gesetzes. Sie bedürfen keiner Zustimmung des Bundestages. Gleiches gilt für humanitäre Hilfsdienste und Hilfsleistungen der Streitkräfte, bei denen Waffen lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung mitgeführt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Soldatinnen oder Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden.

Nur wenn also die Einbeziehung deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes in eine bewaffnete Unternehmung zumindest zu erwarten ist, bedarf es der konstitutiven parlamentarischen Zustimmung. Dabei ist der „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“ ein verfassungsrechtlicher Begriff. Wie er sich jeweils konkretisiert, hängt nicht unmittelbar von der völkerrechtlichen Grundlage des jeweiligen Einsatzes ab.252

Diese Erwartung muss qualifiziert sein. Die bloße Möglichkeit, dass es bei einem Einsatz zu bewaffeneten Auseinandersetzungen kommt, reicht dabei nicht aus.253 Zum einen müssen hierfür hinreichend greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ein Einsatz nach seinem Zweck, den konkreten politischen und militärischen Umständen sowie den Einsatzbefugnissen – auch als „Rules of Engagement“ bekannt – in die Anwendung von Waffengewalt münden kann.254 Zum anderen bedarf es einer besonderen Nähe zur Anwendung von Waffengewalt, was sich etwa aus der Betrachtung der Einsatzplanung oder eben der Einsatzbefugnisse ergeben kann. Eine solche Nähe ist anzunehmen, wenn bei einem Ablauf des Einsatzes wie geplant die Beteiligung deutscher Soldaten an der Anwendung bewaffneter Gewalt wahrscheinlich ist und die tatsächliche Anwendung praktisch nur noch vom Zufall abhängt.255 Ein Indiz ist dabei die Bewaffnung der Soldaten: soll diese nicht nur der Selbstverteidigung, sondern gegebenenfalls auch dem Objektschutz dienen, wird von einer „qualifizierten Erwartung“ auszugehen sein.256

Der Parlamentsvorbehalt ist dabei nicht auf Einsätze innerhalb von Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit beschränkt, sondern gilt allgemein für bewaffnete Einsätze deutscher Soldaten im Ausland.257 Die Bundeswehr wäre kein Parlamentsheer, wenn gerade allein national verantwortete Einsätze – etwa militärische Evakuierungsoperationen – ausgeklammert würden.258 Angesichts seiner Funktion und Bedeutung ist der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt schließlich stets parlamentsfreundlich auszulegen.259

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