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In der Nähe von Brás am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
ОглавлениеDer Cabo atmete tief durch, als sie sich ein paar Kilometer von Bras entfernt hatten. In dieser Stadt hatte längst der Wahnsinn die Herrschaft übernommen, anders konnte er sich die Reaktion der Menschen dort nicht erklären. Auf alle Fälle, das war nicht zu übersehen, hatte die Krankheit die Stadt am Rio Jatapu längst erreicht. Lag dort der Ursprung der Seuche? Er dachte an das kleine, offensichtlich illegale Holzfäller-Camp, knapp zwanzig Kilometer weiter südlich. Waren die Holzfäller auf ihrer Suche nach Beute weiter durch den Dschungel nach Norden gezogen? Er hatte während seiner Ausbildung zum Sanitäter in Rio viel über die heimtückischen Tropenkrankheiten gehört. Viren, Bakterien, Pilze, der Urwald war ein in sich geschlossenes System und zweifellos war der Mensch dort ein ungebetener Eindringling. Hatte womöglich die Gier nach dem Gold des Waldes für den Ausbruch der Seuche gesorgt?
»Was ist in der Stadt geschehen?«, rief ihm einer seiner Männer zu. Durch das Dröhnen des Bootsmotors hindurch versuchte der Cabo, seinen Männern zu erklären, was sich in der Stadt ereignet hatte. Dann legte er sich erschöpft zurück. Es war nicht leicht, gegen diesen Lärm die Oberhand zu behalten.
Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie die Stadt am Rio Uatumá erreichten. Er hoffte, dass sich die Lage dort inzwischen gebessert hatte. Gegen diese Mikroorganismen war jede Waffe wirkungslos. Er hätte lieber einen Feind aus Fleisch und Blut, einen gewöhnlichen Verbrecher gejagt. Erschöpft fiel der Cabo in einen traumlosen Schlaf, aus dem er erst wieder aufwachte, als das Boot nach einer neunstündigen Fahrt in den Hafen von São Sebastião einlief.
»Was sollen wir jetzt tun?«, fragte ihn Gustavo, einer der Polizisten.
»Wir gehen in die Klinik und berichten, was sich in Bras ereignet hat. Außerdem müssen wir alles daransetzen, unser Hauptquartier zu informieren. In Manaus muss man wissen, was hier vor sich geht. Wir benötigen dringend ein Funkgerät oder ein funktionierendes Telefon.«
Selbst in den Gängen der mittlerweile überfüllten Klinik wimmelte es von Menschen. Die Bediensteten versahen ihren Dienst ausnahmslos in Schutzkleidung. Man hatte erkannt, welch tückische Krankheit sich hier verbreitete. Der Cabo suchte die junge Ärztin auf, die entmutigt und der Erschöpfung nahe in ihrem Bereitschaftszimmer ihr Essen verschlang. Draußen warteten schon wieder neue Patienten, die ebenfalls von hämorrhagischem Fieber geplagt wurden.
»Der Arzt, der die Frau behandelte, ist ebenfalls an der Krankheit gestorben«, erzählte Lila, nachdem sie dem Bericht des Cabos aufmerksam zugehört hatte. »Wir haben ein Boot nach Manaus geschickt. Ich befürchte, vor drei bis vier Tagen wird uns niemand helfen.«
»Wir versuchen das Hauptquartier zu informieren, aber selbst in Bras war kein funktionierendes Telefon und auch kein Funkgerät aufzutreiben.«
»Und was wollen Sie jetzt tun?«, fragte Lila.
»Meine Männer durchkämmen die Stadt, vielleicht gibt es hier eine Möglichkeit. Irgendein Händler oder ein Boot, das mit Funk ausgestattet ist. Ansonsten sitzen wir hier fest.«
»Sie sollten uns helfen, wir brauchen hier jeden Mann, der etwas von Medizin versteht«, schlug Lila vor. »Solange wir aus der Hauptstadt keine Unterstützung bekommen, sind wir auf uns selbst angewiesen.«
Der Cabo nickte stumm.