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Achard baut Virginiatabak an
ОглавлениеFranz Carl Achard (1753–1821) hatte schon als sehr junges Mitglied der Akademie der Wissenschaften den Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung von Ackerböden und Pflanzenwachstum studiert und versucht, im Hausgarten der Akademie in der Letzten Straße Safran anzubauen.56 Im Herbst 1780 begann er, systematische Feldversuche zum Anbau exotischer Tabaksorten vorzunehmen. Wie er Friedrich II. in einem schriftlichen Plan erläuterte, war ihm daran gelegen, „die nützlichsten Anwendungen der Chemie und Physik auf den Feldbau zu machen.“57
Das unmittelbare praktische Anliegen von Achards Versuchen war die Veredlung des preußischen Pfeifentabaks, ihr ferneres Ziel der vollständige Ersatz des importierten Virginiatabaks durch neue, einheimische Tabaksorten. Insbesondere in der Mark Brandenburg wurde seit dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg, in dem der Handel mit Virginiatabak zurückgegangen war, in größerem Umfang Tabak angebaut. Der König unterstützte Achards Vorhaben, das zum einen prestigefördernd war und zum anderen eine größere Unabhängigkeit von Auslandsimporten versprach. Der Kauf von Virginiatabak, so Friedrich II. im Sommer 1780, sei in Kriegszeiten zu unsicher und auch sonst „mit hohen Kosten und viel Hindernissen verbunden“. Dagegen komme es auf folgendes an: 58
▷ Wenn man bei der Verbesserung des einheimischen Tabak dazu kommt, sich allmählich dem aus Virginia anzunähern, wäre dies ein großer Vorteil, wir hätten keine Schwierigkeiten oder sie wären weniger groß; in dem Maße wie er sich verbessert, würde er die Blätter aus Virginia ersetzen, wir könnten unsere Käufe im Ausland allmählich verringern oder sie vollständig einstellen, wenn der einheimische Tabak die gleich Qualität erreicht. ◁
Abb. 6 Porträt Franz Carl Achard. Deutsches Museum München
Im Sommer 1780 unternahm Achard erste Anpflanzungsversuche von Virginiatabak im kleinen Maßstab, die trotz widriger Wetterbedingungen erfolgreich verliefen. Der Sommer war lange zu kalt gewesen, und dann hatte es auch noch gehagelt. Aber der Virginiatabak war dennoch gereift, und er roch köstlich. Zwar musste Achard eingestehen, dass seine Qualität nicht ganz so gut wie die des importierten Virginiatabaks war, aber sie übertraf doch entschieden diejenige des ordinären brandenburgischen Landtabaks. Dieses erfreuliche Ergebnis führte er nicht zuletzt auf seine Düngemethoden zurück.
Nach diesem Test standen größere Versuche auf einer Plantage an. Achard arbeitete dafür einen detaillierten Plan mit einem Kostenvoranschlag und Ertragsberechnungen aus. Nachdem die kurmärkische Kammer im Herbst 1780 ein brachliegendes Feld in Lichtenberg gepachtet hatte, machte sich Achard an die Vorbereitungen für den Anbau von Virginiatabak und asiatischer Tabaksorten. Während er sich selbst auf die Beschaffung von Tabakpflanzen und -samen, die Selektion gut gewachsener Tabakpflanzen und die Analyse der Anbaubedingungen konzentrierte, stellte er für die Leitung der landwirtschaftlichen Arbeit einen „Planteur“ ein. Die geernteten und getrockneten Tabakblätter, so wurde vereinbart, sollten von der preußischen Tabakadministration auf ihre Qualität überprüft werden.59
Die Beamten der Tabakadministration hatten also ein gewichtiges Wort bei der Beurteilung des Erfolgs von Achards Kultivierungsversuchen mitzureden. Friedrich II. ordnete an, sie hätten die Prüfung „unparteiisch und ohne Vorutheil“ vorzunehmen. Im Erfolgsfall sollten sie dafür sorgen, dass die uckermärkischen Tabakbauern, die den besten einheimischen Tabak anbauten, die neuen Methoden übernähmen und entsprechend instruiert würden, „wie sie zu Werke gehen“ sollten. Für die Beamten der Tabakadministration verhieß dies zusätzliche Arbeit, aber das war vielleicht nicht der einzige Grund für ihr eher ernüchterndes Gutachten. In ihrem Bericht vom Sommer 1782 stellte die Generaltabakadministration fest, unter den 1180 von Achard eingesandten Tabakproben befänden sich nur 34, deren Qualität akzeptabel sei und „dem äußeren Ansehen nach gute Miene machten“. Aber auch diese seien keineswegs signifikant besser als der gewöhnliche Landtabak, denn sie wiesen einen „schlechten Landblättergeruch“ auf.60 Achard hatte offenbar nicht berücksichtigt, dass die Tabakblätter beim Trocknen einer besonderen Behandlung bedurften, die spezifische Sachkenntnisse erforderte.
Von 1782 an konzentrierte Achard seine Kultivierungsversuche auf asiatische Tabaksorten und erzielte damit insgesamt gute Erfolge. Aus dem königlichen Haus kam umgehend Anerkennung: „Bisher scheint der Anbau von Tabak aus Asien guten Erfolg zu haben und der König hat noch nichts davon gehört, dass er den Fehler hätte, zu stark und narkotisch zu sein.“ Die sachgerechte Behandlung des Tabaks nach der Ernte blieb jedoch weiterhin ein Problem. Es sei möglich, „dass man ihn zu fein geschnitten oder mangelhaft behandelt hat“, bemerkte Friedrich II. und kündigte an, er werde dies von der Tabaksadministration überprüfen lassen.61 Solcher Widrigkeiten zum Trotz konnte Achard seine Tabakanbauversuche mit Unterstützung durch königliche Gelder noch mehrere Jahre, mindestens bis 1786, fortsetzen. Von 1785 an erhielt er dafür eine jährliche Pension von 500 Talern, die ihm bis zum Lebensende zustand. Um diese Zeit hatte er bereits ein zweites großes Projekt in Gang gesetzt: die Kultivierung von Zuckerrüben.