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Werner: Naturforscher-Techniker

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Abraham Gottlob Werner (1749–1817), der über sich selbst sagte, er bearbeite seine Gegenstände „nicht blos als Geognost, sondern auch als Bergmann“, war alles andere als ein im Elfenbeinturm forschender Gelehrter. 95 Der Sohn eines Eisenhüttenwerksinspektors hatte von 1764 bis 1769 als Hüttenschreiber in einem Eisenwerk gearbeitet und von 1769 bis 1771 an der Freiberger Bergakademie studiert. Ein daran anschließendes dreijähriges Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig ebnete ihm den Weg für die höhere Beamtenlaufbahn. 1775 wurde er an der Freiberger Bergakademie als Dozent für Mineralogie und Inspektor der Mineraliensammlung eingestellt. Seine Naturforschung konzentrierte sich dem entsprechend zunächst auf die Mineralogie und Klassifikation von Mineralien und von 1782 an auch auf die Geognosie.


Abb. 9 Porträt Abraham Gottlob Werner. Aus Hasse (1848).

Parallel zur Lehre und Forschung beteiligte sich Werner an der praktischen Arbeit in der sächsischen Bergbehörde. Von 1791 an leitete er im Auftrag des Freiberger Oberbergamts eine geognostische Landesuntersuchung Sachsens, deren längerfristiges Ziel unter anderem in der Verbesserung der Lagerstättenkunde bestand. Nachdem er 1792 zum Bergkommissionsrat und Mitglied des Freiberger Oberbergamts ernannt worden war, unterstand ihm die bergbauliche Wasserversorgung, einschließlich der Bewirtschaftung der Kunstteiche und Kanäle. Werner betrachtete diese technischen Aufgaben nicht als einen von außen auferlegten Zwang. Wie der junge Humboldt und andere Naturforscher seiner Zeit wollte er nicht nur am Katheder über die Nützlichkeit der Bergwerkswissenschaft dozieren, sondern sein Wissen auch in der Praxis wirksam werden lassen.

Werner war Beamter, Naturforscher, Technologe und bergtechnischer Praktiker in einer Person. In seiner Lebens- und Arbeitsweise unterschied er sich ebenso deutlich vom traditionellen Gelehrten – dem Universitätsprofessor, Theologen oder Rechtsgelehrten – wie dem zunftgebundenen Handwerker. Für solche hybriden Personen gibt es in der Wissenschafts- und Technikgeschichte weder eine allgemeine Bezeichnung noch ist ihre Existenz und Rolle wirklich zur Kenntnis genommen worden. Sie werden hier als „wissenschaftlich-technische Experten“ bezeichnet, wenn ihre technische Arbeit und technologischen Verbesserungsprojekte im Vordergrund stehen, und als „Naturforscher-Techniker“, wenn ihre Beiträge für die Entwicklung der Natur- und Technikwissenschaften betont werden sollen. Die historischen Akteure selber sprachen von „Bergwerks-Gelehrten“ und sachkundigen „Naturforschern“.96

Mit Achard und Thaer haben wir bereits zwei weitere Naturforscher-Techniker kennengelernt, die privat und oder mit staatlicher Unterstützung Innovationsprojekte in der Landwirtschaft unternahmen und gleichzeitig Naturforschung betrieben. Gleditsch und Willdenow, die als Akademiebotaniker den Königlichen Botanischen Garten leiteten und dort neue Nutzpflanzenarten züchteten, gehörtem zu diesem Kreis ebenso wie der junge Alexander von Humboldt, den wir heute nur noch als Naturforscher kennen. Wir werden noch zahlreiche andere Personen kennenlernen, die technische Arbeit mit technologischen Explorationen und Naturforschungen verbanden. Die hoch spezialisierten Techniker und Naturwissenschaftler, die für nichts anderes mehr Zeit haben außer ihrem Spezialgebiet, sind erst ein Produkt der Moderne. Die naturwissenschaftlich gebildeten Sachverständigen des 18. Jahrhunderts ragten zwar auch aus der Masse heraus, waren jedoch weniger spezialisiert als ihre modernen Nachfolger und zeichneten sich vor allem durch ihr soziales Engagement aus.

Die im Staatsdienst oder im Umkreis staatlicher Behörden stehenden wissenschaftlich-technischen Experten oder Naturwissenschaftler-Techniker des 18. und frühen 19. Jahrhunderts sind Schlüsselfiguren für ein adäquates historisches Verständnis der Frühphase der Industrialisierung Preußens. Wie wir noch mehrfach sehen werden, erarbeiteten sie Strategien technischer Verbesserungen und gingen neue Wege in der Lehre technischen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Wissens, die die Technikwissenschaften des 19. Jahrhunderts vorbereiteten. Gleichzeitig gehörten sie zu den Pionieren der analysierenden und exakten Naturwissenschaften, die ihre Arbeitswelt in Laboratorien der Naturforschung verwandelten.

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