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Zeichnen und Messen

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Im Oktober 1791 berichtete Humboldt seinem schottischen Freund Archibald Maclean, den er aus seiner Zeit an der Hamburger Handelsakademie kannte: 104

▷Ich habe die gemeinen Arbeiten auf dem Gestein alle selbst gelernt, wie wir es nennen, meine Lehrhäuerschicht aufgefahren, und noch heute Morgen war ich mit Bohren und Schießen beschäftigt. Um 11 oder 12 Uhr komme ich aus der Grube und nun sind fast alle Stunden des Nachmittags mit Kollegien besezt – Oryktognosie und Geognosie bei Werner, Markscheiden, Probiren auf Silber, Risse- und Maschinen-Zeichnen.◁

Wenn Humboldt mittags seine Lehrhäuerschicht beendet hatte, folgte nach kurzer Ruhepause die schulische „Theorie“, die nicht nur Vorlesungen, sondern auch Kurse über Markscheiden, Zeichnen, Probieren und Berginstrumente umfasste. Die Markscheidekunst – das Vermessen des Grubengeländes und der Grubenanlagen unter und über Tage und das Zeichnen von Grubenrissen – war fester Bestandteil des Lehrplans. Sie stellte höchste Anforderung an exaktes Vermessen und Zeichnen. Zu Humboldts Zeiten wurde sie von dem kurfürstlichen Markscheider Johann Friedrich Freiesleben, dem Vater von Carl Freiesleben, gelehrt.

Das ebenfalls von Humboldt erwähnte Maschinenzeichnen sowie das Situations- und Perspektivzeichnen wurde von dem Zeichenmeister Johann Simeon B. Sieghardt unterrichtet, der auch eine Sammlung physikalischer Apparate und Modelle besaß.105 Den Kurs über Bergwerksinstrumente erteilte der Bergmechanicus Schubert und den über das „Probieren auf Silber“ der Bergprobierer Andreas Heinrich Klotzsch. Klotzsch unterrichtete die chemische Probierkunst, d.h. die genaue quantitative Ermittlung des Metallgehalts von Silber- und Golderzen, im bergbehördlichen Laboratorium, das sich im Hintergebäude des Oberbergamtshauses befand. Obwohl sich die bergbauliche Probierkunst auf den chemischen Nachweis einiger weniger Metalle beschränkte, war sie eine im gewerblichen Kontext entwickelte quantitative chemische Methode. Zwischen bergbaulicher Probierkunst und chemischer Analyse in akademischen Kontexten kam es daher wiederholt zu fruchtbaren Wechselwirkungen.106


Abb. 13 Grubenrisse (Grund- und Saiger- oder Aufriß) aus dem 18. Jahrhundert. Aus Vozár (1983), 45

Wie an keinem anderen Ort zuvor erlernte Humboldt an der Freiberger Bergakademie den Umgang mit Instrumenten und die Kunst des exakten Messens. Auch die Tatsache, dass dieser Unterrichtsteil von verbeamteten Handwerkskünstlern gelehrt wurde, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Verbindung von Theorie und Praxis in Freiberg. Werner beauftragte die Studenten überdies mit Messungen, von denen er Aufschlüsse über strittige geognostische Fragen erhoffte. Unter seiner Ägide ermittelten sie die Temperatur der Grubenluft und Gesteine in unterschiedlichen Tiefen. Stieg die Luft- und Gesteinstemperatur mit zunehmender Grubentiefe, argumentierte Werner, so würde dies für die vulkanistische Theorie und gegen die eigene neptunistische Auffassung vom Ursprung der Gebirge sprechen. 107

Humboldts Preußen

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