Читать книгу Rio Grande Charly Sammelband 5 Western Romane - W. K. Giesa - Страница 28
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ОглавлениеCharly hatte instinktiv damit gerechnet, dass der zweite Bandit etwas unternahm. Doch er war trotzdem überrascht, als der Outlaw nicht den Revolver zog, sondern den Verletzten gegen Charly stieß. Charly konnte gerade noch das Gewehr herumreißen, während er im Reflex den Abzug betätigte. Die Kugel fuhr zwischen den Beinen des Taumelnden hinweg in den Boden. Fast wäre sie ihm in den Bauch gegangen. Der Mann brüllte und stürzte gegen Charly, versuchte sich an dem Deputy festzuhalten. Charly schickte ihn mit einem befreienden Fausthieb zu Boden. Da sprang der andere Kerl bereits auf sein Pferd.
Statt seine Chance zu nutzen und auf den abgelenkten Charly zu schießen, flüchtete er!
Charly hob das Gewehr. Als er schießen wollte, traf ihn ein Fußtritt des anderen Banditen und ließ ihn in den Knien einfedern. Charly sprang zurück und feuerte auf den Flüchtenden. Er versuchte ihn zu verwunden, sah ihn auch zusammenzucken, aber es reichte nicht, ihn aus dem Sattel zu heben. Der Bandit duckte sich noch tiefer und hetzte davon.
In diesen Sekunden konnte Charly ihm keine Aufmerksamkeit mehr widmen. Der Verletzte hatte, am Boden liegend, seinen Revolver gezogen und richtete ihn auf Charly.
Der Texaner drehte das Gewehr und schlug dem Mann die Waffe mit dem Kolben aus der Hand, ehe er abdrücken konnte. Dann betäubte er ihn.
Er fesselte den Mann mit seinem eigenen Gürtel. Dann richtete er sich wieder auf. Der andere Bandit war inzwischen außer Reichweite. Die drei Cowboys hatten ihn mit ihren Schüssen nicht erreichen können, weil die Buschgruppe ihn gegen sie verdeckte.
Charly trat hinter den Büschen hervor und winkte. Nach einer Weile kamen Murdock und Browney heran. Charly sah, dass Buck damit beschäftigt war, sein totes Pferd abzusatteln. „Ist Buck verletzt worden?“, wollte Charly wissen.
„Er hat sich einen Fuß verstaucht und ein paar Schrammen. Schlimmer ist, dass sein Tier tot ist.“
Browney trat neben den gefesselten Banditen. „Es waren doch zwei, oder habe ich doppelt gesehen, Rio Grande?“
„Der zweite ist entkommen“, sagte Charly.
Murdock stieß den Gefesselten mit der Stiefelspitze an. „Wir hängen ihn auf“, sagte er. „Dann haben wir schon mal wenigstens einen von ihnen weg.“
Charly sah ihn warnend an.
„Richter Lynch kennen wir hier nicht“, sagte er. „Vergiss es. Ohne eine ordentliche Verhandlung und ohne einen ordentlichen Richterspruch wird hier keiner aufgehängt.“
Murdock ballte die Fäuste. „Willst du uns daran hindern?“
„Und ob“, sagte Charly. „Versuch‘s ruhig, deinen Willen durchzusetzen.“
Murdock murmelte eine Verwünschung. „Der Kerl hat den Treck überfallen, hat mitgeholfen, die Tiere zu verjagen, hat vielleicht sogar den Vormann erledigt und den kleinen Roscoe … das reicht doch, verdammt! Davon, dass er auf uns geschossen hat, gar nicht zu reden. Er verdient den Strick!“
„Nicht ohne Gerichtsverhandlung“, sagte Charly hart. „Bringt ihn nach Clinton. Der Sheriff soll ihn erst mal einsperren. Was dann kommt, regeln wir später.“
„Eh, wer bist du, dass du uns kommandieren willst?“, fragte Browney. „Wir sind freie Männer in einem freien Land, Rio Grande!“
„Wenn ihr ihn lyncht, werdet ihr vogelfreie Männer in einem freien Land sein“, sagte Charly warnend.
„Wir hängen ihn hier auf, basta!“, sagte Murdock rau. „Warum so ein langes Theater?“ Er ging zu seinem Pferd zurück, um das Lasso abzunehmen.
„Murdock“, sagte Charly laut. „Sieh her!“
Der Cowboy wandte sich um.
Er starrte in Charlys Revolvermündung.
Die beiden Männer hatten nicht sehen können, wie schnell Charly zog. Der Sechsschüsser lag wie hingezaubert in seiner Hand. Es klickte, als Charly mit dem Daumen den Hammer spannte.
„He, was soll das? Bist du verrückt geworden?“, keuchte Murdock blass.
„Lass das Seil hängen“, sagte Charly. „Oder du bekommst eine Kugel.“
„Du musst wirklich verrückt sein“, murmelte Browney. „Du willst diesen Strauchritter schützen?“
„Ihr bringt ihn nach Clinton, zu diesem famosen Sheriff. Vorher beschreibt ihr mir den Weg zu eurem Camp. Es wird ja nicht mehr weit sein. Ich reite allein weiter und spreche mit dem Captain. Vielleicht braucht er mich in der Mannschaft.“
„Wir brauchen jeden Mann“, sagte Browney bitter. „Aber wir brauchen keine Revolverhelden. Ich wusste nicht, dass der Jüngste von der Kreuzbalken-Ranch zum Revolvermann geworden ist.“
„Wer sagt dir überhaupt, Rio Grande“, wandte Murdock grimmig ein, „dass wir das tun, was du willst? Vielleicht legen wir ihm doch den Strick um den Hals, sobald wir außer Sichtweite sind.“
Charly holsterte die Waffe wieder, nachdem er sie entspannt hatte.
„Ich werde mich ebenfalls wieder in Clinton sehen lassen und fragen, ob ihr den Mann heil abgeliefert habt. Falls nicht …“ Er klopfte auf die Waffe. „Dann jage und finde ich euch, Freunde.“
„Du kommst dir verdammt stark vor mit deiner Kanone, wie? Versuch‘s doch mal mit den Fäusten.“
Charly grinste. Er deutete auf Murdocks Kopfverband, dann auf seinen eigenen. „Das sollten wir beide unter uns ausmachen, sobald wir wieder gesund sind, klar? Dann stehe ich dir gern zur Verfügung, Cowboy. Bis dahin gilt die alte Regel, dass ich recht habe und die Anordnungen treffe. Klar?“
„Klar“, murrte Murdock.
Sie warteten, bis der Bandit, der sich Bud Memphys nannte, aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, und banden ihn dann auf sein Pferd. Buck, der inzwischen mit dem Absatteln fertig war, setzte sich hinter ihn. Murdock übernahm Bucks Sattel auf sein Tier, und Browney nahm sich der Deckenrolle an. Dann ritten sie langsam nach Westen zurück, nach Clinton.
Charly sah ihnen nach. Er war sicher, dass die drei Männer Memphys tatsächlich heil beim Sheriff abliefern würden.
Charly schwang sich langsam wieder in den Sattel. Er war überrascht, dass sein Brummschädel ihm nicht mehr zu schaffen machte. Er war fast schon wieder fit. Er setzte seinen Weg fort. Die Rinder, die sie hatten zusammentreiben und mitnehmen wollen, waren natürlich längst auf und davon.