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Lilo Henckels kam nach ihrem ersten Besuch fast täglich, und sie ging in der Villa Härtling bald ein und aus, als gehöre sie zur Familie. Wenn Dana nicht da war, sagte sie nicht, sie würde später oder morgen wiederkommen, sondern: „Macht nichts, ich warte auf sie.“ Und dann setzte sie sich ins Wohnzimmer, legte die Füße auf den Tisch und schaute sich im Fernsehen eine Comedy-Sendung an, während sie in Illustrierten blätterte und diese später einfach da liegen ließ, wo sie ihr gerade aus der Hand gefallen waren.

Verständlich, dass sie für die ordnungsliebende Ottilie allmählich zum Dorn im Auge wurde. „Lilo fühlt sich bei uns schon ein bisschen zu sehr zu Hause“, beschwerte die Wirtschafterin sich unter vier Augen bei Dana.

„Ich werde mit ihr reden“, versprach Dana. Sie nahm ihre neue Freundin sogleich ins Gebet, doch es nützte nichts.

„Was will der alte Drachen von mir?“, sagte Lilo Henckels ärgerlich. „Warum feindet sie mich an? Ich habe ihr doch nichts getan.“

„Nenn sie nicht einen alten Drachen“, wies Dana sie scharf zurecht.

Lilo wurde etwas leiser. Sie wollte es sich mit Dana nicht verscherzen. „Dann soll sie mich gefälligst in Ruhe lassen“, sagte sie gekränkt. „Was hat sie gegen mich?“

„Wenn du dich gesittet aufführst, hat sie überhaupt nichts gegen dich.“

Lilo rollte die Augen. „O Mann, sind wir hier in einem sittenstrengen Pensionat? Hat Ottilie in diesem Haus die Oberaufsicht? Müsst ihr alle nach ihrer Pfeife tanzen? Warum befreit ihr euch nicht von ihr? Ich hätte sie schon längst gefeuert.“

„Wir sind froh, dass wir sie haben.“

„Sie nimmt sich euch gegenüber viel zu viel heraus. Es gibt Hunderte von Haushälterinnen, die genauso gut sind wie Ottilie – vielleicht sogar noch besser ... Sie alle könnten diese alte Frau spielend ersetzen – und es würde ihnen nie in den Sinn kommen, hier die erste Geige spielen zu wollen. Sie kennen ihren Rang, wissen, dass sie lediglich Bedienstete sind, dass sie für ihre Arbeit Geld kriegen, dass sie zu tun haben, was man ihnen sagt – und dass sie ihre Meinung gefälligst für sich zu behalten haben, weil niemand sich dafür interessiert.“

„Wir betrachten Ottilie als vollwertiges Familienmitglied“, sagte Dana kühl. Lilo hatte Ansichten, die ihr absolut nicht gefielen.

„Das ist ein Fehler“, behauptete das Mädchen. „Man verbrüdert sich nicht mit seinen Dienstboten, sonst haben sie keinen Respekt mehr und tanzen einem frech auf der Nase herum.“

Dana lachte rau. „Hör mal, in was für einer Zeit lebst du? Ottilie ist doch nicht unsere Sklavin.“

„Eines Tages werde ich auch eine Haushälterin haben“, sagte Lilo Henckels hart, „aber die werde ich bestimmt nicht so groß werden lassen wie ihr eure Ottilie, das gebe ich dir schriftlich.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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