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Christine Wagner hatte etwas Engelhaftes an sich. Ihr Haar war lang und blond, ihr Gesicht verriet Sanftmut und Güte, und wenn sie lächelte, weckte sie bei Männern wahrhaft himmlische Gefühle. Die fünfundzwanzigjährige Frau war zur Kontrolluntersuchung bei ihrem Gynäkologen Dr. Sören Härtling.

„Alles bestens, alles in Ordnung“, versicherte der Klinikchef zufrieden, während er die hauchdünnen Latexhandschuhe von seinen Händen zog und in den Treteimer warf. „Sie können sich anziehen, Frau Wagner. Ich wollte, alle Frauen Ihres Alters ließen sich so regelmäßig anschauen wie Sie.“

„Ist man das nicht seinem Körper und seiner Gesundheit schuldig?“, erwiderte Christine Wagner.

Dr. Härtling nickte ernst. „Sollte man meinen. Aber leider gehen sehr viele Frauen viel zu sorglos mit ihrer Gesundheit um. Als hätten sie noch eine in Reserve.“

„Und wenn sie dann aus Bequemlichkeit oder Feigheit etwas zu lange anstehen ließen, soll der Arzt Wunder wirken.“

„Das wird erwartet. Ja.“ Dr. Härtling nahm eine Eintragung in Christine Wagners Karteikarte vor. Die Patientin nahm auf dem Stuhl Platz, der vor seinem Schreibtisch stand.

Es war später Vormittag, und Christine Wagner war eine der letzten Patientinnen, die zu Sören Härtling in die Vormittagssprechstunde gekommen waren.

„Wie geht es in der Wohngemeinschaft?“, erkundigte sich der Leiter der Paracelsus-Klinik.

„Ich kann nicht klagen. Meine Mitbewohner benehmen sich alle sehr gesittet.“

„Ihre männlichen Mitbewohner.“

Christine Wagner lächelte. „Warum betonen Sie das so, Herr Doktor?“ Sie wohnte seit einem Jahr mit Wolf Rossberg, Uli Gaulitz und Wenzel Reyer zusammen.

Jeder war auf seine Weise nett und liebenswert, und alle drei empfanden sehr viel für diesen schönen blonden Engel mit den unübersehbaren Traummaßen.

„Haben Sie nicht manchmal das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen?“, fragte Sören.

Christine Wagner schüttelte unbekümmert ihre goldene Mähne. „Überhaupt nicht. Solange ich alle gleich behandle, kann nichts schiefgehen. Ich darf nur keinen bevorzugen. Damit würde ich das Klima höchstwahrscheinlich sehr schnell vergiften, und es bestünde die Gefahr, dass alles außer Kontrolle geriete.“

„Drei Männer.“ Dr. Härtling wiegte bedenklich den Kopf. „Warum haben Sie diese WG nicht mit drei Frauen gebildet?“

Die Patientin zuckte mit den Schultern. „Es hat sich nicht ergeben.“ Sie schmunzelte. „Sie brauchen sich keine Sorgen um mich zu machen, Herr Doktor. Ich kenne Wolf, Uli und Wenzel schon so lange ... Wir waren zusammen in der Schule ...“

Sören Härtling hob die Augenbrauen. „Inzwischen sind die Herren gefährlich erwachsen geworden.“

„Ich habe keine Angst vor ihnen“, behauptete Christine Wagner.

„Sie sind eine wunderschöne, begehrenswerte Frau.“

„Ich habe dennoch nichts in diesem Wolfsrudel zu befürchten“, erklärte die Patientin überzeugt. „Wissen Sie, wieso nicht? Weil einer auf den ändern aufpasst. Da jeder mich haben möchte und keiner mich einem seiner beiden Rivalen gönnt, darf ich mich so sicher fühlen wie in Abrahams Schoß. Wir haben die gesamte Wohnung zum sexfreien Raum erklärt, und ich brauche nur darauf zu achten, dass sich daran nichts ändert, dann kann ich noch viele Jahre gefahrlos mit meinen Freunden zusammenleben.“

„Warum möchten Sie eigentlich nichts mehr von Männern wissen?“, fragte Dr. Härtling. Wenn Christine Wagner gesagt hätte, darüber wolle sie nicht reden, hätte er das akzeptiert.

Doch sie hatte nichts dagegen, mit ihm darüber zu sprechen. „Es ist nicht so, dass ich von Männern überhaupt nichts mehr wissen will“, sagte sie offen. „Ich habe mich nur in der Vergangenheit für einige Exemplare der männlichen Gattung entschieden, die ich mir besser erspart hätte. Und nun ist erst mal für eine Weile Auszeit.“

Dr. Härtling lehnte sich zurück. „Das heißt, wenn Ihnen heute oder morgen der Richtige begegnen würde ... “

Christine Wagner nickte lächelnd. „Hätte er durchaus eine Chance.“

„Und unter den drei Männern, mit denen Sie unter einem Dach leben, ist er nicht – der Richtige?“

„Ich glaube nicht.“

Dr. Härtling sah die attraktive Patientin überrascht an. „Sie glauben nicht? Wieso sind Sie nicht sicher?“

Die junge Frau hob die Schultern. „Weil das Leben hin und wieder voller Überraschungen ist.“

Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane

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