Читать книгу Der Arztroman Lese-Koffer Mai 2021: 16 Arztromane - A. F. Morland - Страница 108

Lilo Henckels öffnete in der Härtlingschen Küche wie selbstverständlich den Kühlschrank und hielt nach etwas Trinkbarem Ausschau.

„Kein Tonic Water“, maulte sie, griff nach der Flasche, in der sich ein Multi-Vitamin-Drink befand, füllte sich ein Glas randvoll, stellte die Flasche zurück und schubste die Eiskastentür mit dem Po zu.

Sie würdigte Ottilie dabei keines Blickes, trank das Glas halb leer, stellte den Rest neben den Herd und ging hinaus. Der Haushälterin kam der Gallensaft hoch. Sie konnte Verschwendung jedweder Art nicht ausstehen.

Wenn sie sich hier schon bedient, als würde sie Härtling heißen, dann soll sie ihr Glas wenigstens leer trinken, dachte Ottilie ärgerlich.

Lilo ging nach oben. Dana war in ihrem Zimmer, und Ben befand sich im Bad. Er hatte zwar abgeschlossen, doch Lilo bereitete es keine Mühe, sich mit einer großen, zu einem Dietrich gebogenen Heftklammer Einlass zu verschaffen. Ben schmetterte in der Duschkabine das We all live in a yellow submarine von den Beatles. Schemenhaft war durch das beschlagene Glas sein nackter schlanker Körper zu erkennen;

Heißes Wasser prasselte auf ihn herab. Er wusch sich die Haare mit einem gut riechenden Bade-Gel und sang dabei: „We all live in a yellow submarine yellow submarine ...“

„Yellow submarine!“, sang Lilo amüsiert mit ihm.

Ben erstarrte für einen Sekundenbruchteil – und dann handelte er falsch, indem er perplex die Schiebetür aufriss. „Bist du von Sinnen?“, fragte er.

Sie sah ihn verwundert an. „Genierst du dich etwa vor mir?“ Sie schüttelte den Kopf. „Das brauchst du nicht. Ich weiß schon lange, wie Jungs aussehen.“

„Mach, dass du rauskommst“, stieß Ben hervor.

„Soll ich dir den Rücken waschen?“, fragte Lilo mit scheinheiligem Lächeln.

„Nein!“, stieß er unfreundlich hervor. „Verdammt, wie kommst du hier rein?“

Lilo hob die Schultern. „Wenn du nicht gestört werden möchtest, musst du dich einschließen. “

„Das habe ich getan.“

„Und wieso ließ die Tür sich dann öffnen?“ Sie sah ihn mit schmalen Augen an. „Ich habe den Verdacht, dass du von mir überrascht werden wolltest.‟

„Du hast sie wohl nicht alle!“, brauste Ben empört auf. „Wie kannst du …? Also wirklich, Lilo, ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Du bist unmöglich. Raus mit dir, aber dalli!“

Sie schmunzelte. „Bist du sicher, dass du dir wirklich nicht von mir den Rücken waschen lassen möchtest – wo ich schon mal hier bin.“

„Raus!“

„Ich bin sehr gut in diesen Dingen.“

„Raus!“, wiederholte Ben energisch.

„Ich geh’ ja schon.“ Sie kicherte. „Darf ich noch etwas sagen?“

„Nein.“

„Ich sag’s trotzdem: Was ich gesehen habe, hat mich für deine Unfreundlichkeit reich entschädigt.“ Grinsend verließ sie das Bad und schloss so leise die Tür, dass niemand es hörte. Augenblicke später betrat sie wieder Danas Zimmer – als wäre absolut nichts vorgefallen.